Llew Llaw Arian

Kapitel 8; Die Reise

Als ich die Hütte wieder betrat herrschte bereits ein geschäftiges Treiben. Die beiden Goblins flitzten umher und stellten unsere bereitgestellten Reiseutensilien ins Freie. Meister Silberblatt wollte etwas Ordnung in das Gewusel zu bringen und versuchte das Tun der die beiden verzweifelt zu koordinieren. Als ihm dies jedoch misslang legte er selbst Hand an und stapelte die Kisten und Säcke erneut. „Goblins… schlimmer als eine Horde junger Elfen…“ hörte ich ihn murmeln. Ich grinste heimlich, da ihm die beiden Goblins doch etwas (wenn auch nur ein klein wenig) aus seiner unerschütterlichen Ruhe brachten.
Mitten in diesem Trubel saß Galdraen auf einem Stuhl und rührte sich nicht. Dhwetan war dabei ihm die Fäden aus seiner mittlerweile verheilten Gesichtswunde zu ziehen. „Llew, tränke bitte ein weiches Tuch mit dem Inhalt dieser Flasche und reich es mir …“ bat mein Meister und deutete mit einem Kopfnicken auf eine Braune Flasche die auf dem Tisch stand. Als Dhwetan nun die feuerrote Narbe um Galdraens Auge mit dem feuchten Tuch abtupfte fluchte der Schwertmeister leise.
„Halt still Galdraen…“ knurrte der Erzdruide überrascht ob der Reaktion und zurückzucken seines Ilaidirs. „Llew, nun die Salbe bitte…“ Verlangte er und wies auf einen Tiegel der ebenfalls auf dem Tisch stand. Als ich das Gefäß öffnete musste ich laut nießen, die Salbe roch scharf und krautig, ich bedauerte Galdraen, denn das Zeug musste unweigerlich höllisch brennen. Ich hatte recht, denn kaum hatte Dhwetan ein klein wenig auf die Narbe gestrichen, sprang der Schwertmeister lautstark fluchend von seinem Stuhl auf.
„Schüler setz dich wieder und reiße dich zusammen…“ Klang eine strenge Stimme von der Tür her. Der Ausbruch des Schwertmeisters hatte Meister Silberblatts Aufmerksamkeit erregt.
„Meister das Zeug brennt höllisch…“ jammerte Galdraen und rieb sich verstohlen Schmerzenstränen aus dem gesunden Auge. „Möglicherweise Schüler, aber ich bin überzeugt das es notwendig ist, also setzt dich wieder und reiße dich zusammen Galdraen Nachtwind, oder ich erzähle meiner Tochter was für einen wehleidigen Schüler ich doch habe…“ erwiderte der Meister gefährlich ruhig.
Anscheinend hatte die Schelte ihre Wirkung nicht vertan. Galdraen setzte sich mit geballten Fäusten, atmete einige Male tief ein und aus und fand so zu seiner inneren Ruhe zurück. „Entschuldige Dhwetan…“, murmelte er beschämt. Nach einigen Atemzügen fuhr der Erzdruide fort und bestrich den Rest der Narbe mit der scharf riechenden Salbe. „Ich weiß das es brennt Galdraen aber es ist notwendig, denn wenn die Narbe zu wulstig wird, kann sie deine Sicht behindern. Die Kräutersalbe verhindert dies und du wirst diese Prozedur noch einige Male über dich ergehen lassen müssen…“ erklärte Dhwetan sachlich. „So fertig, war doch gar nicht so schlimm…“lächelte er und verschloss den Tiegel wieder. Galdraen murmelte derweil leise vor sich her. „Llew… die nächste Zeit wird es deine Aufgabe sein unseren Freund damit zu versorgen…“ Lächelte Dhwetan und drückte mir den Salbentiegel in die Hand. „Einen halben Mond machst du dies morgens und abends und danach werden wir sehen.“
Ich stöhnte leise, denn ich hatte nicht die geringste Lust mich mit Galdraen jeden Tag anzulegen und dass für einen ganzen halben Mond. Aber ich hatte keine andere Wahl als mich meinem Schicksal zu ergeben und verstaute den Salbentiegel in meine Reisekiste.
Als ich ins Freie trat bemerkte ich die Ruhe, die beiden quirligen Goblins waren wie vom Erdboden verschluckt. „Sie holen den Zeppelin…“ Galdraens tiefe ruhige Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Als ich mich umdrehte stand der Schwertmeister lächelnd hinter mir, sein rechtes Auge kniff er gequält zu. „Schmerzen…?“ erkundigte ich mich besorgt. „Die verdammte stinkende Salbe brennt noch immer wie Feuer, und sobald ich versuche sie etwas abzuwischen spüre ich die glühenden Blicke meines Meisters, und die Schmerzen mehr als die Salbe, manchmal ist der Weg wirklich verdammt steinig mein Freund …“ offenbarte mir Galdraen seufzend. „Das Brennen wird bestimmt bald abklingen …“ Versuchte ich ihn zu beruhigen. „Vielleicht, zumindest hoffe ich es, doch ich wird mich wohl daran gewöhnen müssen…“murmelte Galdraen zerknirscht.
Es dauerte nicht lange bis ein seltsames Geräusch die Luft über uns erfüllte. Routiniert und gleichmäßig verringerte Queezl die Flughöhe ihres Luftschiffes. Beinahe geräuschlos landete sie den Zeppelin unweit unseres Standortes.
Ich staunte als ich dieses Gefährt aus der Nähe sah. Es glich einem herkömmlichen Schiff, nur anstelle von Masten und Segel war über dem Deck (wenn man es den so nennen konnte) eine Art riesiger Luftballon angebracht.
(Anscheinend wurde das Ding von eingepackter Luft in der Luft gehalten. Sowas konnte natürlich nur den verrückten Gehirnen der Goblins entspringen.)
„Starr keine Löcher in die Luft Llew hilf mir lieber und mach den Zeppelin fest…“ quäkte Hokks von Bord des Zeppelins und warf mir ein dickes Seil an dem ein Anker befestigt war entgegen. Ich sprang perplex einen Schritt beiseite als das schwere Ankerteil vor meinen Füssen auf den Boden schlug. Hokks warf drei weitere Ankerseile von Bord.
„Das Eisenteil einfach einbuddeln Llew…“ kam mir Queezl zu Hilfe. Ich nickte und machte mich an die Arbeit. Kaum dass der Zeppelin verankert war, kletterten die beiden Goblins über eine Strickleiter von Bord.
„Zeppeline sind oftmals wie herkömmliche Seefahrtsschiffe aufgebaut…“ ich erschrak etwas, Meister Silberblatt hatte sich mir unbemerkt genähert. Im Väterlichem belehrendem Ton fuhr er fort „…es gibt sie in verschieden Größen. Die meisten haben einen Laderaum, ein Unterdeck mit Kombüse, also einen Kochraum, und verschiedenen kleinen Schlaf-und Wohnräumen. Auf dem Oberdeck ist manchmal ein kleines Häuschen vorhanden mit Steuer- und Kartenraum sowie verschiedene Sitzgelegenheiten. Ist es bei Queezl Zeppelin auch so?“
Ich nickte stumm. „Llew…geht es dir gut?“ „Ja … entschuldigt Meister Silberblatt ich vergaß… Ja bei Queezl Zeppelin scheint es auch so zu sein.“ Antwortete ich und beschrieb das Fluggefährt. (Ich hatte tatsächlich vergessen, dass der Meister blind war und dafür schämte ich mich)
„Nun denn junger Druide, ich denke du solltest den anderen beim beladen helfen ich werde mich derweil um Swar kümmern und überlegen wie wir ihn an Bord bringen können, er mag zwar klug und auch geschickt sein aber ich denke Strickleitern hochklettern kann er nicht.“ schmunzelte Meister Silberblatt. Da hatte er recht und mein großer Wolf tigerte schon eine ganze Weile unbehaglich hin und her.
Dhwetan und Galdraen waren bereits eifrig dabei den Zeppelin zu beladen. Galdraen schleppte die Kisten und Säcke mit Vorräten, sowie die gefüllten Wasserfässer zum Zeppelin, schlug Seile um sie und befestigten sie so am Seilhaken des Flaschenzugs welcher über die Bordwand ragte. Hokks hievte die schweren Kisten und Säcke hoch und ließ sie behutsam auf dem Deck ab. Dhwetan verstaute, unter Queezls Anweisung alles sorgsam in den Laderaum. Als alles verstaut war begann ich mir sorgen um Swar und auch Íomer zu machen. Seit geraumer Zeit hatte ich weder Elf noch Wolf gesehen. Gerade als ich nachsehen wollte traten beide aus der Hütte.
Swar trottete ruhig neben dem Elfen her, er trug eine Art Geschirr. Offenbar hatte der Elfenmeister es aus einigen Laken geflochten. Íomer führte den Wolf nahe zum Flaschenzug gab Galdraen einige Anweisungen und berührte die Stirn des Großen Tieres. Unter seiner Hand flammte es grünlich auf und Swar brach wie vom Blitz getroffen zusammen. Ich erschrak und rannte zu meinem wie Tod daliegenden Gefährten. „Im geht es gut Llew, Swar wird einige Minuten sehr tief schlafen. Galdraen hak ihn bitte fest und zieht ihn dann sehr behutsam an Bord…“ wies meister Silberblatt seinen Schüler an. Obwohl ich meister Silberblatt vertraute zitterten doch meine Knie als ich meinen treuen Gefährten so hilflos in seinem Geschirr hängen sah. Hokks ging wirklich behutsam mit Swar um, nur langsam ‘schwebte‘ der Große Wolf an Bord.
„Es wird Zeit Llew, schließe deine Hütte ab und komm…“ befahl Dhwetan milde.
„Wo ist Croy…?“ plötzlich fiel mir auf, das s ich den vorlauten Raben den gesamten Vormittag, bis zum jetzigen Zeitpunkt, nicht gesehen hatte.
„Der Vogel ist schon lange an Bord. und kann es kaum erwarten, dass es endlich losgeht“ lachte Queezl und zur Bestätigung krächzte Croy lautstark. Er saß auf der Schulter der kleinen Goblin und zupfte an ihrem Admiralshut herum.
Ich seufzte erleichtert, zog einen großen Schlüssel hervor und verschloss mein bescheidenes Heim.
Sehnsüchtig wagte ich einen letzten Blick, ehe ich an Bord des Zeppelins kletterte. Wie versprochen war Swar bereits wieder hellwach und begrüßte mich mit freudiger Erleichterung. Auf Queezls Anweisung hin lockerte Galdraen die vier Anker und kletterte leichtfüßig an Bord.
Nachdem die Ankerseile eingeholt wurden, gewann das Luftschiff langsam an Höhe. Die lange Reise nach Pandaria hatte nun endlich begonnen.
Ich fluchte leise über meine zitternden Beine, außerdem fühlte ich mich nicht besonders wohl. Eine leichte Übelkeit stieg in mir hoch und wurde zusehends stärker (ich hoffte sehr mich nicht übergeben zu müssen und mich so zu blamieren.) Es war ein ungutes Gefühl den Dämmerwald aus der Vogelperspektive zu sehen ohne die eigenen Flügel zu benutzen. Swar hingegen schien sich bereits an die neue Situation gewöhnt zu haben. Er saß stolz zwischen den beiden Goblins und lies sich den Wind um Lefzen und Nase wehen. Croy fühlte sich ebenfalls in seinem Element. Der faule Rabe saß auf Galdraens Schulter, genoss die Aussicht und döste vor sich her. Auch die Elfen schienen den Flug zu genießen, nur mir armselige Kreatur zitterten die Knie.
ich schrak auf als eine Warme Hand meine Schulter berührte, Meister Silberblatt war unbemerkt wie meist an mich herangetreten. Eine seiner Hände lag beruhigend auf meiner Schulter, in der anderen hielt er einen Becher indem eine grünliche Flüssigkeit schwabbte. „Dhwetan meinte, dass du etwas käsig um die Nase aussiehst. Er bat mich dich zu überreden dies zu trinken. Also bitte folge deinem Meister Llew…“ sprach der alte Elf im väterlichen, bittenden Ton und reichte mir den Becher. Ich war zu perplex ob der ungewöhnlichen Bitte und so trank ich dieses grüne Zeug ohne Wiederworte. Bereits nach den ersten schlucken verschwand meine Übelkeit langsam, als ich Íomer den leeren Becher zurückgab hatten auch meine Knie aufgehört zu zittern. (Obwohl Dhwetans Tinkturen und Gebräue schrecklich schmeckten, jene die ich soeben trank macht keine Ausnahme, waren sie jedoch höchst effektiv und halfen stehts und wirkten unglaublich schnell). „Geht’s dir nun etwas besser…?“ erkundigte sich der alte Elf besorgt. Ich bestätigte ihm seine Frage und blickte mich nach meinem Meister um. Er und Galdraen standen neben den Goblins und ließen sich offenbar die Steuerung des Zeppelins erklären. Die eisblauen Augen des Erzdruiden streiften mich und als meine Lippen ein leises ‚Danke‘ formten nickte er mir freundlich zu und schmunzelte.
„Komm junger Druide, lass uns die Aussicht genießen…“ lächelte Íomer und führte mich näher zur Reling. „Erzähl mir was du siehst Llew…“ bat Meister Silberblatt ruhig.
Die Aussicht war wirklich überwältigend. (verstohlen wischte ich mir eine Träne von den Wangen.)
„Die Tannen des Dämmerwaldes leuchten in saftigem Dunkelgrün, sie stehen dicht an dicht. Zwischen ihnen drängen sich die Laubbäume, einige tragen noch die letzten Reste ihres bunten Blättergewandes, andere sind bereits kahl. Der Fluss glitzert, er gleicht einer riesigen silbernen Schlange welche sich durch das Tal schlängelt. Der sanfte Wind zerreißt die Weißen leichten Wolken. Die Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch sie und lassen Wasser und Raureif funkeln…“ Berichtete ich nachdenklich selbst von dieser Schönheit überwältigt.
Ich weiß nicht wie lange ich neben dem Elfenmeister stand und ihm die Landschaft beschrieb die wir überflogen. Ich spürte eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit von ihm ausgehen, aber auch eine Spur von Traurigkeit und Sehnsucht schwang mit. (Ich hätte schwören können, dass sich Tränen unter seiner Augenbinde abzeichneten und den Stoff befeuchteten, aber ist es überhaupt möglich ohne Augen zu weinen?)
„Vielen Dank Llew, dass du mir deine Augen geliehen hast und ich seit langer Zeit die Schönheit der Natur sehen durfte…“ murmelte er leise und ein sanftes Lächeln überschattete sein uraltes, aber gleichzeitig Alter loses Gesicht. „Ich werde mich nun etwas um meinen hitzköpfigen Schüler Galdraen kümmern. Auch du solltest die Zeit nutzen und Dhwetan bitten dich zu unterrichten, du hast noch einen weiten Weg vor dir Llew…“ verabschiedete sich Íomer und rief nach seinem Schüler. Kurz darauf verschwand er in Begleitung Galdraens im Bauch des Zeppelins.
Ich folgte der Empfehlung des alten Meisters, wandte mich an Dhwetan und bat um einige Unterrichtsstunden. Er wirkte erstaunt aber willigte dann freundlich ein. Nachdem er noch einige Worte mit den Goblins gewechselt hatte gingen auch wir beide unter Deck.
Das Innenleben des Zeppelins war nicht besonders geräumig. Außer einem relativ großen Koch-und Essraum war es eng. Die Fläche war in eben dem genannten Aufenthaltsraum, sowie drei kleinere Kammern eingeteilt. In jeder Kammer gab es zwei von der Wand ab klappbare Sitz- oder Liegepritschen sowie einen kleinen Tisch und etwas Stauraum für Reisekisten und anderes Gepäck. Eine der Kammern teilte ich mit Dhwetan, die zweite teilten sich Galdraen und sein Meister und die dritte war für die Goblins reserviert.
Ich saß Dhwetan gegenüber und lauschte seinen Worten und Unterweisungen. Ich machte mir Notizen du schwang auf Anweisung meines Meisters auch den Zeichenstift. „Du wirkst etwas abwesend, ist dir wieder Übel Llew?“ Ich schrak auf und schüttelte verneinend meinen Kopf. Dhwetans Aufmerksamkeit war oftmals unheimlich, ihm entging nichts aber auch gar nichts konnte ich vor ihm verheimlichen. Ich seufzte leise und erzählte ihm dann von der Unterhaltung mit Íomer, denn meine Gedanken gingen ihr noch immer nach.
Der Erzdruide schmunzelte verstehend. „Konnte Meister Silberblatt wirklich durch meine Augen sehen…?“ platze es plötzlich aus mir heraus. Dhwetan wirkte einen Moment sehr nachdenklich und lächelte dann geheimnisvoll; „Möglicherweise Llew, möglicherweise… auf jedenfalls hast du ihm ein großes Geschenk gemacht mein Schüler. Doch nun erzähl mir was du über das Seidenkraut weist.“ schmunzelte der Erzdruide und sein Unterricht ging weiter.
Ich genoss Dhwetans Unterrichtstunden, Mein Meister war sehr gutgelaunt und offensichtlich froh, dass wir uns nun endlich auf der großen Reise befanden.
Es klopfte zögernd an der Zimmertür, auf der Aufforderung des Erzdruiden hin öffnete sie sich mit leisem Knarren.
Als erstes erkannte ich eine grüne Nase sowie die Spitze eines roten Admiralhutes. Unsere kleine Goblinfreundin Queezl betrat zögernd die Unterkunft.
„Dhwetan, Hokks hat eine gute Stelle zum Landen erspäht, eine kleine Lichtung, wir könnten dort unser Nachtlager aufschlagen oder sollen wir weiterfliegen?“ erkundigte sich die Goblin freundlich. „Nein kleine Freundin wir werden landen und ein gemütliches Nachtlager aufschlagen. Wir werden noch oft genug Nächte durchfliegen müssen wenn wir die Küste erreicht haben.“ Entschied der Erzdruide ohne zu zögern. (Ich wunderte mich etwas denn obwohl der Zeppelin den Goblins gehörte, hatte Dhwetan die uneingeschränkte Befehls- und Entscheidungsgewalt auf dem Luftschiff.)
Ich seufzte leise als mein Meister das grosse Meer und die vor uns liegenden nächtlichen Flüge erwähnte. Ein schwerer Stein lag mir auf der Seele, zwar gewöhnte ich mich langsam an die luftige Umgebung, fühlte mich aber nach wie vor nicht sonderlich wohl bei dem Gedanken mich hoch in der Luft zu bewegen ohne die Kraft meiner eigenen Flügel.
„Gut in ungefähr einer Stunde landen wir. Schön, dass du nicht mehr so grün um die Nase aussiehst Llew…“ grinste Queezl ehe sie sich flink von dannen machte. (Am liebsten hätte ich der frechen Goblin eines der Bücher nachgeworfen).
„Ich werde uns etwas zum Abendessen zubereiten, und du mein Schüler solltest dich ebenfalls um deine Pflicht kümmern und Galdraen’s Narbe versorgen. Gib ihm zusätzlich noch etwas von den Augentropfen, als ich ihn vorhin sah war sein Auge gerötet und leicht angeschwollen, vermutlich liegt es am Flugwind…“ entschied der Erzdruide und reichte mir ein Fläschchen samt Pipette.
Ich war von der zusätzlichen Aufgabe wenig begeistert und seufzte leise. Ich kramte ein weiches Tuch und den Salbentiegel aus meiner Reisekiste und goss, in einer kleinen Schüssel, Kräuter mit etwas Wasser auf, und machte mich zu Íomers und Galdraens Unterkunft auf.
Die Tür zu ihrer Kammer war lediglich angelehnt und so trat ich nach kurzem Zögern ohne zu klopfen in den Raum. Kaum hatte ich das Zimmer betreten umspülte mich eine tiefe Harmonie. Ruhe und Frieden nahm von mir besitz, im Raum herrschte eine herrliche Atmosphäre. Galdraen saß mit überkreuzten Beinen auf einer Matte, seine dunklen Augen hatte er halb geschlossen. Meister Silberblatt stand an seiner linken Seite, eine Hand auf das Herz seines Schülers gepresst. Ein grünlicher, kaum sichtbarer Schleier umgab sie und umhüllte beide wie mit einem Lichtkokon. Wortlos winkte mich der Elfenmeister mit seiner freien Hand näher.
„Wie kann ich dir helfen junger Druide…?“ erkundigte er sich leise. Seine Stimme strahlte eine beschreibbare Wärme und Fürsorge aus. „Ich… ich wollte Galdraens Narbe mit der Salbe versorgen, und Dhwetan meinte auch, dass ich ihm einige Augentropfen geben solle… Aber ich möchte euch nicht stören…“ entgegnete ich nachdenklich und schritt langsam rückwärts zur Tür.
„Llew… du bist gekommen um deine Pflicht zu erfüllen und einen Freund zu versorgen, also tu wozu du gekommen bist. Es wird Galdraen nicht stören, denn er ruht tief in sich selbst…“entgegnete der Elfenmeister ruhig.
Zögernd trat ich näher an den Schwertmeister und tupfte ihm mit dem in Kräuterwasser getränkten Tuch die gerötete Narbe ab und gab die Salbe darauf. Galdraen rührte sich nicht, es war seltsam ihn in diesem Zustand zu behandeln. Er wirkte abwesend, wie in einer anderen Welt, und dennoch nahm er die Umgebung mit seinen geschärften Sinnen war. Ich hob das Lied seines rechten Auges behutsam an. Dhwetan hatte recht, das Auge war gerötet und leicht angeschwollen. Ich gab einige Tropfen der Flüssigkeit hinein. Galdraen zeigte auch weiterhin keine Reaktion, er blinzelte lediglich einige male was dabei half die Tropfen im Auge zu verteilen. Ich war überrascht als ich sein leises ‘Danke‘ vernahm. Da ich nun meine Aufgabe erfüllte hatte zog ich mich leise zurück. „Llew, weißt du wann wir landen werden?“ erkundigte sich Meister Silberblatt als ich bereits im Türrahmen stand. „Ungefähr in einer Stunde, Meister…“ entgegnete ich prompt, (Es viel mir schwer der Kammer und ihrer warmen Atmosphäre den Rücken zuzudrehen) und zog die Tür hinter mir zu.
Ungefähr eine Stunde später schwebte der Zeppelin über einer kleinen Waldlichtung. Queezl verringerte vorsichtig die Flughöhe des Zeppelins. Da wir mittlerweile von Hokks in die Aufgaben für Landung eingewiesen wurden klappte alles wie am Schnürchen. Schon bald war das Fluggefährt knapp über dem Boden verankert. Galdraen schob eine Art Rampe, die er offensichtlich während der Fahrt gezimmert hatte, über die Reling und hakte sie fest. Das Aussteigen war so weitaus angenehmer als eine Strickleiter hinauf und hinunter zu klettern, besonders für Swar war es nun leicht möglich den Zeppelin zu verlassen.
Kaum hatten Galdraen, die Goblins und ich unser Nachtlager aufgeschlagen erschien Dhwetan lächelnd aus der Kombüse und trug einen großen Kessel mit duftenden Eintopf vor sich her. Wir hängten das Essen über unser Lagerfeuer, damit es warm blieb, und genossen das bescheidene dennoch sehr schmackhafte Mahl.
Nach dem Essen verschwand Galdraen im Wald, Swar ging mit ihm. Wenig später kehrte er zufrieden und mit einem Sack, angefüllt mit schönen Holzstücken zurück. Ich wunderte mich etwas über da s seltsame verhalten des Schwertmeisters, doch als er Später ein Tuch mit dem unterschiedlichsten scharfen Schnitzmesser vor sich ausrollte, wurde mir klar wozu er die Holzstücke benötigte.
Wir saßen noch lange gemeinsam am Lagerfeuer, Íomer erzählte uns von Pandaria, die Goblins und ich hingen an seinen Lippen. Galdraen lauschte ebenfalls den Worten seines Meisters und schnitzte an einem Holzstück. Dhwetan lag entspannt auf dem Rücken, kaute an einem Grashalm und lächelte still in sich hinein. Swar heulte leise den Mond an und Croy trippelte auf der Suche nach schmackhaften Insekten hin und her.
Das Feuer prasselte leise und brannte langsam nieder. Gegen Mitternacht wickelten wir uns in unsere warmen decken und machten es uns auf den Schlafmatten bequem. Abwechselnd wachten wir über unsere schlafenden Freunde und den verankerten Zeppelin
Das Vogelkonzert weckte mich am frühen Morgen. Nach einem einfachen Frühstück brachen wir unser Lager ab, bestiegen den Zeppelin und reisten weiter. Die folgenden Tage verliefen ähnlich und ohne unangenehme Zwischenfälle. Wir kamen also überraschend schnell voran. Galdraens Holzschnitzereien nahmen ebenfalls an Gestalt an, denn er brachte viele Stunden damit zu den Figuren zu perfektionieren. Mir schenkte er eine lebensecht wirkende Figur von Swar, und auch eine vom frechen Croy.
Bei der Wolfsfigur erkannte man sogar die feine Narbe welche sich über Swars Flanke zog. Bei der Rabenfigur bewunderte ich die detailreichen Flügel und der freche Blick in den hölzernen Rabenaugen.
Nun arbeitete er an einem etwas größeren Holzstück. Die Groben umrisse des Zeppelins waren bereits zu erkennen und ließen Queezls Augen funkeln.
Ich versorgte zweimal täglich die frische Gesichtsnarbe des Schwertmeisters. Zu meiner Überraschung ließ er sich die unangenehme Prozedur ohne murren gefallen. Mittlerweile war ich davon überzeugt, dass lediglich eine feine gezackte Linie von seinem Missgeschick zeugen würde. „Galdraen du machst es mir wirklich leicht dich zu versorgen, dafür möchte ich mich bedanken mein Freund.“ Bemerkte ich eines Abends nebenbei. Der Schwertmeister zuckte mit seinen Schultern und antwortete mit trockenem Humor der ihm so zu eigen war; „Elrinfaer soll ja schließlich kein ‘entstelltes Monster‘ an ihrer Seite haben. Ich habe jetzt schon genug Konkurrenz die sie mir streitig machen wollen…“ (ich musste ob seiner Antwort schmunzeln, er zeigte sich wiedermal von seiner besten Seite).
Am siebten Tag, seit unserer Abflug des Dämmerwaldes, erreichten wir dann schließlich die Küste des großen Meeres. Da wir nun an der Südspitze von Azeroth waren, hielt sich der Herbst hier noch in Grenzen. In einer etwas geschützten und verborgenen Bucht landeten wir. Die nächsten vier bis fünf Tage würden wir hierbleiben und uns für den langen Flug, ohne Landemöglichlkeiten, rüsten. Die Wasserfässer mussten gefüllt werden, und wir wollten auch unsere Vorräte aufstocken.
Die folgenden Tage verbrachten wir vor allem mit dem Sammeln von Wildwurzeln und Wildfrüchten, dem Fischen und Jagen. Dhwetan backte einigen Laib des berühmten, langen haltbaren und sehr sättigenden Elfenbrots. (Ich mag diese Spezialität, auch wenn es für einige vielleicht etwas langweilig schmecken mag). Hokks, Galdraen und Swar gingen täglich auf die Jagd und kehrten meist auch am späteren Nachmittag mit Beute zurück. Queezl baute kurzerhand eine gut funktionierende Räucherkammer zusammen. (Der Einfallsreichtum und das Geschick der Goblins im bauen von nützlichen und manchmal auch weniger nützlichen Dingen zahlte sich einmal mehr aus.) Meister Silberblatt saß Stundelang am nahegelegenen Bach oder auf einem Felsen nahe dem Meer. Anfangs dachte ich, dass er sich in Selbstfindung üben würde, aber als er dann am ersten Abend mit unterschiedlichen Fischen zum Lager zurückkehrte staunte ich nicht schlecht.
„Manchmal ist mein alter Meister doch zu etwas nütze…“ grinste Galdraen als er mein Staunen bemerkte. „Das, mein Schüler habe ich gehört, ich mag zwar blind sein aber nicht Taub…“ entgegnete Íomer streng und ehe Galdraen ausweichen konnte hatte er bereits ein Ohr des Schwertmeisters in seinem festen Griff und zog daran. Das jammern des Elfen war herzzerreißend und dennoch brachte es uns alle (alle außer Galdraen) zum Lachen. Die ungewöhnlich dunklen, onyxfarbenen Augen unseres Freundes funkelten uns bedrohlich an. Dennoch versiegte unser Gelächter nicht, es war einfach ein zu jämmerliches Bild.
Als der alte Meister seinen Schüler endlich aus seinem Griff entließ, murmelte Galdraen demütig eine Entschuldigung und rieb sein rotes Ohr mit schmerzverzerrten Gesicht.
„Bleib mir bloß mit euren Tinkturen, Tränken und was auch immer fern Druidenpack…“ knurrte der Schwertmeister nur um kurz darauf ebenfalls lauthals loszulachen.

Ein paar Tage später überreichte Galdraen der kleinen Queezl den Holzzeppelin. Es war eine wunderbare Arbeit, Das Fluggerät war detailgetreu gearbeitet, man erkannte sogar die kleinen Figuren welche uns, also die Zeppelinbesatzung, festhielt. Die kleine Goblin konnte Freudentränen nicht zurückhalten, fest drückte sie die Figur an ihr Herz und bedankte sich überschwänglich. Hokks kommentierte die Schnitzerei ehrfürchtig, beinahe etwas neidisch. Seine Reaktion veranlasste Galdraen in einen Beutel neben sich zu greifen.
„Für dich habe ich natürlich auch etwas grünes Spitzohr…“ scherzte der Elf und zog eine zweite Holzfigur hervor.
Sie war ebenfalls sehr detailgetreu gearbeitet und zeigte einen großen Wolf mit seinem kleinen Reiter. Es war ein Abbild von Hokks wie er auf Swar ritt und du einen Bogen in der Hand hatte. Beinahe wirkte die Figur lebendig und ich konnte mir vorstellen wie Hokks wild mit dem Bogen gestikulierte.
Die Dankesbezeugung unseres Grünen Freundes riss den kräftigen Elfen buchstäblich zu um. Hokks konnte sich nicht beherrschen, als er versuchte Galdraen in die Arme zu springen riss er ihn um.
„Verdammt Hokks, seid ihr Goblins immer so stürmisch…“ keuchte der Schwertmeister als er versuchte sich unter, und von der Umarmung des Goblins zu befreien. „Hokks, lass meinen Schüler bitte los, du bringst ihn noch um, aber ich brauche ihn noch…“ schmunzelte Íomer. (Langsam gewöhnte ich mich daran, dass der Elfenmeister trotz seiner Blindheit nichts entging. Nun ja gewöhnen ist etwas übertrieben aber meine Verwunderung hält sich nun in grenzen).

Wir benötigten fünf Tage um unsere Vorräte aufzufüllen und bis alles Fleisch und Fisch geräuchert und somit haltbar gemacht war. Anschließend verbrachten wir noch zwei weitere Tage in der wunderschönen Bucht und genossen die langsam immer schwächer werdende Herbstsonne .
Als der Zeppelin im Morgengrauen langsam an Höhe gewann, blickte ich sehnsüchtig auf das Land unter uns, wohlwissend dass wir nun viele Tage und Nächte in der Luft verbringen würden. Ein wehmütiges seufzen verließ meine Lippen.
Tagsüber steuerte Queezl oder Hokks da s Gefährt, in der Nacht übernahmen Dhwetan und Galdraen da , die Elfen einen kaum täuschbaren Orientierungssinn (ohne stehts Karte und Kompass im Auge behalten zu müssen) und auch eine hohe Nachtsicht vorweisen konnten.
Tage und Nächte zogen dahin und unter uns war stehts , in allen Schattierungen vorhandenen blauen Wogen zu sehen. Wir überflogen zwar einige kleinere Inseln, aber keine eignete sich zum Landen, sie waren entweder von scharfen Riffen und Felsen übersäht oder von dichten Dschungel bewachsen.
Am Nachmittag des zehnten Tages, drang plötzlich Hokks lautstarkes Jubeln an meine empfindlichen Ohren. Ich schaute von meinem Buch auf und wollte sofort an Deck stürmen, doch der strenge Blick aus eisblauen Augen bannte mich an meinen Stuhl. Als ich jedoch weiterhin unkonzentriert blieb und Dhwetans Worten nicht folgen konnte, seufzte der Erzdruide leise.
„Dann geh Junge…“ murmelte mich und entließ mich schließlich mit einer leichten Handbewegung aus seinem Unterricht. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, ungestüm stürmte ich an Deck (beinahe wäre ich gestolpert und Íomer in die Arme gefallen). Als ich endlich an deck war kreischte Croy aufgeregt, Swar lehnte mit seinen Vorderpranken auf der Reling und winselte leise, beide Tiere schienen das Land zu riechen und auch zu sehen, sie wollten schnellstmöglich wieder festen Boden unter ihren Füssen spüren.
“Es scheint das wir unser Ziel endlich erreicht haben…“ bemerkte Dhwetan der dicht hinter mir stand. Galdraen beschrieb seinem Meister die Küste unter uns. „Ja das ist Pandaria…bringe uns weiter nach Südosten, der Küste entlang, in knapp einer Stunde wird eine geschützte Bucht in Sicht kommen, da kannst du dein Luftschiff landen kleine Freundin…“ schmunzelte Íomer.
Wie meist hatte der alte Elf auch dieses Mal recht. Ungefähr eine Stunde später spürte ich endlich wieder festen Boden unter den Füssen. Ich fiel erleichtert auf die Knie und lies mir den feinen Sand durch die Finger rieseln.
Wir hatten Pandaria erreicht aber waren noch lange nicht am ende unserer Mission angekommen, genaugenommen begann sie erst jetzt.
Nachdem wir unser Lager aufgebaut hatten, kümmerte ich mich mit Dhwetan um das Essen. Die Beiden Goblins gingen derweil Hand in Hand am fremdem Strand spazieren.
Von etwas weiter im inneren der Bucht drang leises Waffengeklirr an meine Ohren. Meister Silberblatt unterwies seinen Schüler in der Waffenkunst. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages gaben dem freundschaftlichen Gefecht etwas Mystisches…
wenig später saßen wir um ein Großes Lagerfeuer, genossen den Eintopf und berieten uns über das weitere Vorgehen.
Ich war überrascht wie hier, soweit im Süden, der Tag in die Nacht überging, es war kein sanftes Abenddämmern das die Dunkelheit begrüßte, wie ich es aus dem Dämmerwald kannte. Schlagartig wurde es Dunkel und die Geräusche um uns herum veränderten sich.
gegen Mitternacht wickelten wir uns in unsere Decken, Galdraen übernahm die erste Lagerwache. „Ich bin also tatsächlich in Pandaria…“ hörte ich mich selbst ungläubig murmeln ehe mir die Augen zufielen.

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