Kapitel 2; Arthagan
Ich saß also mit dem jungen Arthagan am Seeufer.
Wie so vieles nahm auch die Jahreszeiten ihren Lauf, es war mittlerweile bereits etwas wärmer und ich brauchte meinen schicken (zumindest finde ich, dass er diese Bezeichnung verdient) Umhang nicht so eng um mich zu schlingen. Auch störte kein Zähneklappern die friedliche Stille. Hie und da rief ein Käuzchen oder eine Nachteule protestierte, ob der entkommenen Maus, lautstark.
Da ich den Jungen nicht bedrängen wollte, wanderte ich einige Runden um den See, sammelte flache Steine und hing meinen Gedanken nach. Mit reicher Beute, und schwerem, Beutel setzte ich mich neben Arthangan und lies einige der Steine über die Wasseroberfläche springen.
Arthangs seufzen und stöhnen brach die Stille und mich aus dem Konzept, der nächste geworfene Stein versank jämmerlich. Ich knurrte leise (denn es war ein sehr gut geformter Stein, mit ihm hätte ich meinen Rekord brechen können…).
Für Swars scharfe Ohren war das Platschen wohl zu laut (oder war es das Jammern des jungen…?), er schreckte auf und heulte in den Nachtwald hinaus. Der Große Wolf war satt und zufrieden von seiner Jagd zurückgekehrt und döste friedlich neben mir. Croy sah und hörte ich nicht, bestimmt saß er irgendwo auf einem hohen Baumwipfel und heckte neue Schandtaten aus. Vielleicht aber bewunderte er auch nur den hellen Mond oder amüsierte sich über die erfolglose Jagd der Nachtvögel.
Doch mir war dies einerlei, denn ich machte mich wirklich sorgen um den Jungen, nicht um seine langsam heilenden Verletzungen, sondern um ihn selbst, denn in letzter Zeit wurde er immer stiller und nachdenklicher. Irgendetwas bedrückte ihn, das bemerkte selbst ein stumpfsinniger Worgen (Nun zumindest war das die Meinung vieler Adeliger, dass wir nicht viel mehr als Tiere währen), wie ich.
Ich musterte den Jungen neben mir. „Schmerzen…?“ fragte ich knapp, denn mir war es zuwider die friedliche Stille durch eine lange Rede zu brechen. „Etwas…“, antwortete Arthagan ebenso knapp und hängte sich die Kette samt Medaillon, mit der er zuvor seine Hände beschäftigt hatte, um den Hals. Abermals seufzte er leise. Ich reichte ihm ein Stück Erdwurzel und forderte ihn auf sie zu kauen. Widerwillig und mit verzogener Miene folgte er meiner Bitte, oder eher meinem Befehl.
Erdwurzel schmeckt erdig bitter, nun ja einfach widerlich, als ob man Holzspäne mit Dreck gemischt Frühstückte. Dies möchte ich nur am Rande vermerken. Doch die Wurzel, lindert fast augenblicklich Schmerzen und in höherer Dosis wirkt sie betäubend und nun ja bei einigen Individuen auch berauschend.
ich war froh, dass der Junge, nach einigen Auseinandersetzungen und Drohungen meinerseits (Ich kann fürchterlich einschüchternd wirken, wenn ich meine Wolfsnatur aufleben lasse), vernünftig geworden ist und meine Anweisungen meist ohne viel murren befolgt.
Nach einigen Minuten des Kauens, glätteten sich sie Arthagans Gesichtszüge, und ein dankbares lächeln verdrängte die Abscheu.
„Llew, hast du meinen Vater gekannt? Als ich seinen Namen erwähnte, schien er dir nicht fremd zu sein…“. „Hrrm…nun ja, kennen würde ich es nicht unbedingt nennen, aber ich begegnete ihm einige male in Sturmwind. Mein Meister Dhwetan Duir war mit dem alten König befreundet. Er rief den Erzdruiden, wenn er Rat suchte oder einfach nur mit einem Freund plaudern wollte, und wir in Sturmwind weilten, nicht selten zu sich.
Wie es sich für einen Schüler gehörte, begleitete ich ihn natürlich. Da dein Vater einer der vertrautesten Paladine des Königs war, begegneten wir uns häufiger.“
Arthagan nickte stumm und seine Augen strahlten vor stolz über seinen Vater, doch in den Winkeln zeigten sich Tränen denn die Trauer über seinen Verlust saß noch tief.
„Ja das war er, und ich wollte so gerne in seine Fußstapfen treten… aber nun…“ Traurig aber auch wütend schlug der Junge sich auf das dick verbundene und geschiente Bein…,und jaulte vor Schmerz auf, (das durchdringende Geräusch machte meinem eigenem Heulen alle Ehre und selbst Swars Nackenhaare stellten sich auf).
„Du bist ein Idiot Arthagan, reichen dir deine Schmerzen noch nicht, musst du unbedingt deine Verletzung mal¬t¬rä¬tie¬ren? Außerdem wer sagt, dass du deinen Traum nicht doch verwirklichen kannst? Du darfst die Hoffnung niemals aufgeben Junge, außerdem ich denke, wenn du meine Anweisungen befolgst und später, sobald du die Dinger nicht mehr brauchst (ich zeigte auf die von mir kunstvoll hergestellten Krückstöcke) eifrig und verbissen trainierst…Aber wird es noch einige Zeit in Anspruch nehmen, und aus diesem Grund solltest du zumindest bis Ende des Sommers hierbleiben. Dennoch, die Entscheidung liegt bei dir Junge. Swar hat sich bereit erklärt dich nach Sturmwind zu tragen, wenn ich in einigen Tagen aufbrechen werde. Ob du bleibst oder nicht, so oder so, meine Vorräte gehen zur Neige, es war ein harter Winter…und ich muss in die vermaledeite Stadt um Kräuter zu verkaufen und Vorräte zu kaufen…“ knurrte ich. (denn ich hasse Städte und Ansammlung von Menschen und anderen Zweibeinigen Lebewesen), und widmete mich wieder dem Steinewerfen. Erneut trat eine beruhigende Stille ein, ich lauschte dem platschen, und horchte den Stimmen der Natur. Das Singen der Blätter im leichten Wind schenkte mir kraft und wappnete mich auf das furchtbar geschäftige Treiben in Sturmwind.
„Ich soll also bei dir grantigem Einsiedler und Druide bleiben und weiter diese furchtbaren Pflanzensäfte schlucken…“ murrte Arthagan.
Damit gab der Junge mir ein Stichwort. Ich kramte in meinem Gürtelbeutel und zog eine kleine Phiole heraus, entkorkte sie und goss den zähflüssigen Inhalt auf einen einfachen Holzlöffel den ich wohlwissend ebenfalls eingesteckt hatte. Der Junge fluchte leise als er sich seinen Lippen näherte und schielte auf die Wolfspranke die das Holzgebilde hielt.
(Ich hatte mich in meine Worgenform gewandelt, und funkelte ihn mit meinen eindrucksvollen bernsteinfarbenen Augen an. Dies und ein leises bedrohliches knurren meinerseits brachte den jungen Menschen bisher stets zu Vernunft.)
„Zumindest kann es dich deinem Traum ein Stück näher bringen…“säuselte ich so sanft es mein Wolfskiefer und meine langen bedrohlichen Zähne zuließen.
Widerspruchlos schluckte Arthagan seine Medizin.
Er Schauderte kurz… (ob es nun an meiner Erscheinung oder an dem bitteren Sirup lag… nun das sein mal dahingestellt.)
Zufrieden näherte ich mich dem Seeufer und wusch den Holzlöffel ehe ich ihn wieder in meine Gürteltasche steckte.
„Llew, ich bin noch immer Altarus Knappe, er ist noch immer mein Vorgesetzter und Paladin, zumindest bin ich es solange er dies nicht Rückgängig macht…“ seufzte Arthagan und schielte halb wütend halb traurig auf sein verletztes Bein. „Wenn er es erlaubt, werde ich so lange wie nötig bei dir bleiben. Ja verdammt nochmal ich möchte trotz allem versuchen meinem Vater Ehre zu machen… Aber Sar Altaru muss erfahren was geschehen ist, er muss erfahren, dass ich noch am Leben bin. Auch muss er entscheiden ob er weiterhin einen Krüppel wie mich in seinen Diensten dulden will…“
Die bestimmten, erwachsenen Worte des Jungen erstaunten mich sehr, dennoch entging mir nicht die Furcht der Ablehnung welche seine Stimme bewölkte. Ich hoffte, dass dieser Altaru, gütig war.
Die Beinverletzung des Jungen war schwerwiegend, und trotz aller Bemühungen, war ich unsicher ob Arthagan jemals wieder auf einem Pferd reiten konnte. Ich seufzte leise, der Junge tat mir leid. Doch der Name, Altaru, den er erwähnte keimte neue Hoffnung in mir. Dieser Name war mir ebenfalls nicht fremd.
Ich kramte still in meinen Erinnerungen und plötzlich flammte ein Bild eines weißhaarigen Draenei in mir auf. Ja ich erinnerte mich, dieses Wesen machte auf mich damals schon einen würdigen und ehrenhaften Eindruck.
Ich lächelte still, ja ich würde bei Altaru ein gutes Wort für den Jungen einlegen, und ich vertraute auch auf die Weisheit und Erfahrung dieses alten Draenei’s.
„Llew…ähm Llew Llaw Arian…ist alles in Ordnung mit dir Druide…?“
Da ich in Erinnerungen trieb, klang die Frage wie durch Watte an meine Ohren. Langsam schüttelte ich meine Benommenheit ab. Die Stimme des Jungen hatte einen unsicheren, Unterton und lies aufrichtige Besorgnis mittklingen. „Ja mein Freund…“, antwortete ich lächelnd, mit mir ist alles in Ordnung, ich trieb nur in Erinnerungen.
„Du… du hast mich Freund genannt…“ stotterte Arthagan erstaunt.
„Ja das habe ich, und ich meinte es auch so…“antwortete ich schmunzelnd und zerzauste ihm das flachsblonde Haar.
„Obwohl ich deinen Vater nicht wirklich kannte, mochte ich ihn sehr gern. Es schmerzt mich sehr, nun zu wissen, dass sich ihn nie wiedersehen werde. Ebenso wie ihn mochte ich deine Mutter, sie war eine sehr lebhafte und temperamentvolle Frau. Sie gab nie die Hoffnung auf, selbst als es ihr sehr schlecht ging. Du solltest ein Beispiel an ihr nehmen.“ „Ich erinnere mich kaum an sie und dennoch spüre ich eine tiefe Wärme, wenn ich an sie denke…“flüsterte Arthagan und wischte sich verstohlen seine Augenwinkel trocken. „Du warst noch sehr jung als sie starb, dem Fieber, dass sie dahinraffte konnte selbst mein Meister nichts entgegensetzen, doch ihre Liebe zu dir starb nicht mit ihr Arthagan, diese Liebe weilt für immer in deinem Herzen…“
Ich schmunzelte, als die ungläubigen Augen des Jungen mich musterten.
„Ja Junge, der Erzdruide Dhwetan Duir war das erste Lebewesen dem du in die Augen blicktest, er half dir in diese Welt und auch deine Namensgebungszeremonie hielt er ab. Ich hingegen, bescheiden im Hintergrund weilend, kümmerte mich um die Gefühlsausbrüche deines Vaters, und mit ihm hatte ich alle Hände voll zu tun…Doch nun genug in Erinnerungen geschwelgt…
In zwei Tagen möchte ich nach Sturmwind aufbrechen, ich werde Swar bei dir lassen, pass gut auf ihn auf.
Bevor ich aufbreche, werde ich dir aber noch einige dieser ‘schrecklichen Kräutersäfte‘ bereiten, und du musst mir versprechen, dass du sie, auch wenn ich nicht hier bin, einnehmen wirst. Sie schmecken schrecklich, aber werden die Heilung etwas beschleunigen und dir bei der Genesung helfen.
Zudem werde ich dein Bein neu verbinden und vielleicht sogar nochmal etwas richten müssen, beides wird nicht besonders angenehm werden. Es tut mir leid mein junger Freund… ich denke auch, dass deine harmloseren Verletzungen soweit verheilt sind, dass ich die Fäden ziehen kann.“
Arthagan nickte stumm und seufzte leise
„Llew, aber wenn du Swar bei mir lässt…, wer wird dich denn nach Sturmwind tragen, und dich beschützen? Der Weg ist weit und beschwerlich. Im Wald lauern immer noch die wilden Worgen…“.
„Das mag schon sein Junge, aber ich bin ein Druide dem die Gestaltwandlung gelehrt wurde (auch wenn sie schrecklich kitzelt und juckt und mich unweigerlich zum Nießen bringt, doch diese Peinlichkeit verriet ich dem Jungen natürlich nicht.), und eine einer meiner Reisegestalten hat Flügel. Die Kräutersäcke sind nicht schwer, aber du musst sie mir auf dem Rücken festbinden, mit einem Schnabel ist dies nicht so leicht, zudem müsste ich auf einem Bein hüpfen um die Säcke irgendwie festzuhalten während ich mit dem Schabel kunstvolle Schleifen und Knoten ziehe … und nun ja, das ist selbst für einen so mächtigen Druiden wie mich schlichtweg unmöglich.“
Ich funkelte den Jungen mit meinen Augen an, und versuchte mein Grinsen zurückzuhalten. Das Mienenspiel des Jungen war einfach zu amüsant. Seine Züge wechselten von erstaunt zu ungläubig bis zu ehrfürchtigem Nicken.
„Kein Grund mich mit solchen Blicken anzuhimmeln, Arthagan. Ich bin ein einfacher Druide wie viele andere. Zudem ein ‘grantiger Einsiedler‘ wie ich nicht nur von dir genannt werde, doch ich stehe gern dazu…“ grinste ich.
Plötzlich konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und brach in schallendes Gelächter aus.
Swar schreckte hoch und plumpste dabei in den See, Croy der irgendwo auf den Baumwipfel saß krächzte lautstark, und auch der scheue zurückhaltende Arthagan stimmte in mein, Gelächter ein.
Als Swar patschnass aus dem See kraxelte und sich das Wasser aus dem Fell schüttelte, hielten wir beide uns vor lauter lachen bereits den Bauch.
Der riesige Wolf knurrte uns bedrohlich an, seine Geifer tropfte und seine Bernsteinaugen funkelten, und dennoch erkannte ich in seinem Wolfsgesicht eine ausgelassene Freude und Heiterkeit.
Nach einer Weile ging selbst mir die Puste aus. Arthagan wischte sich die Lachtränen vom Gesicht und rappelte sich auf.
„Lass uns einfach noch etwas hier sitzen, das kühle Licht des Vollmondes und die Schönheit des Waldes genießen, und vielleicht möchtest du mir nun erzählen was dich und die anderen so tief in den Dämmerwald führte, und wie es zu dem Überfall kam.“ Schlug ich vor.
Arthagan nickte stumm, und nach einer schier endlosen Zeit, wo das platschen der auf dem Wasser springenden Steine zu hören war, räusperte er sich und begann zuerst stockend, dann immer flüssiger zu berichten…
ich spürte wie die Last mit jedem seiner Worte von ihm viel und war sehr glücklich, dass sich der Junge mir gegenüber nun endlich öffnete.
„Vor einiger Zeit rief Altaru mich zu sich. Ich war bereits seit einigen Jahren sein Knappe, mein Vater arrangierte dies auf meine Bitte hin. Ich kannte den alten weisen Draenei schon seit meiner Kindheit. Immer wenn mein Vater im Feld war oder einen Auftrag ausführte, nahm er mich bei sich auf. Als er starb lag es nahe, dass ich bei Altaru eine Bleibe finden würde. So war es denn auch. Ich mag Sar Altaru trotz seiner strenge und Unerbittlichkeit sehr gerne. Obwohl er mich aufnahm, behandelt er mich wie alle anderen Knappen. Galdraen ein elfischer Schwertmeister, ist seine rechte Hand und sozusagen der direkte Ansprechpartner für uns. Auch Galdraen ist überaus streng aber trotzdem drückt er manchmal ein Auge zu, und muss es dann ausbaden. Beide haben stets ein offenes Ohr für uns und auch einen hilfreichen Rat zur Hand.
Zu meinem Erstaunen war Galdraen der Schwertmeister, Niumé eine relativ junge elfische Bogenschützin und ein weiterer Knappe bereits anwesend. Altaru gab uns vieren den Auftrag, eine Gruppe von Gelehrten und ihre Leibwächter in den Dämmerwald, zu führen. Als eigentliches Ziel nannte er das alte Gräberfeld im Westen. Genaueres wusste Altaru auch nicht, und da der Auftrag direkt vom König kam, fragte er nicht nach. Er wusste nur, dass es sich bei den Gelehrten und ihren Leibwächtern um Fremde aus Kalimdor handelte. Wir wunderten uns über diesen seltsamen Auftrag, selbst Altaru war sehr skeptisch, aber da es sich um den Befehl des Königs handelte…nun ja.
Der Draenei schärfte uns ein, Augen und Ohren offenzuhalten. Auch gab er mir und Tarius, so hies der andere Knappe, die Sondererlaubnis Rüstung und Schwert zu tragen.
Tarius war jünger als ich und mit dem Schwert noch unerfahrener. er bat daher um Dolche anstelle des Schwertes tragen zu dürfen. Mit diesen Waffen konnte er hervorragend umgehen. Obwohl Altaru wie auch die Elfen nicht sonderlich von den unehrenhaften Waffen, wie sie Dolche bezeichneten, überzeugt waren, bekam Tarius dennoch die Erlaubnis.
Ich kannte zumindest die Grundlagen des Schwertkampfes, Galdraen unterrichtet mich seit einem Jahr, somit konnte ich mich mit dieser Waffe wenigstens einigermaßen verteidigen. Wir packten und brachen am nächsten Tag auf.
Doch bereits nach wenigen Wegstunden begann Niumés Pferd zu lahmen. Ein Nagel hatte sich gelockert und ist tief in die Hufsohle eingedrungen. Damals dachten wir alle es sei einfach nur purer Zufall, schlechte Schmiedearbeit oder einfach nur Pech. Die Elfin war also gezwungen nach Sturmwind zurückzukehren, sie wollte sich ein frisches Pferd besorgen und uns dann einholen, doch Galdraen hielt dies nicht für unbedingt notwendig. Schließlich verhielten sich die wilden Worgen seit mehreren Monden ruhig, und derzeitig war auch keine Banditenbande im Wald von Elwynn aktiv. Wir kamen gut voran, doch schon in den frühen Morgenstunden des zweiten Tages begann nun auch Galdraens Pferd zu lahmen. Es schwitzte stark und seine Muskeln zitterten, offensichtlich litt das Tier unter starken Schmerzen. Der Schwertmeister untersuchte seinen Hengst gründlich, er hatte wohl eine Vorahnung und als er schließlich einige feine Kratzer, wie von einem Dornenstrauch entdeckte wurde er fuchsteufelswild. Er fluchte, so derb wie man es keinen Nachtelfen zutrauen würde, und raunte immer wieder ein seltsames mir unbekanntes Wort.
Nachdem Galdraen den Inhalt seines Wasserschlauchs über die Kratzer schüttete und somit die Verletzung gründlich auswusch, erholte sich sein Hengst ein wenig. Er winkte mich und Tarius zu sich erklärte uns leise und knapp, dass an dem ganzen Auftrag etwas stänke, dass er sofort nach Sturmwind zurückkehren und einen Druiden aufsuchen müsse, und es selbst dann unsicher währe ob sein geliebter Hengst überleben würde. Er schärfte uns ein Auge und Ohren weit aufzusperren und zwar Tag wie Nacht und unsere Waffen lose in der Scheide zu tragen. Auch sollten wir uns zurückhalten was auch passieren würde und versuchen zu fliehen, wenn wirklich etwas passiert. Tarius und ich verstanden nur wenig von dem gesagten, aber wir erkannten die Dringlichkeit und auch Sorge des Elfen. Galdraen verabschiedete sich, begründete sein umkehren damit einen Schmied in der Nähe aufsuchen zu müssen, uns beiden versprach er aber leise, ungehört von den anderen, sobald den möglich Verstärkung aus Sturmwind zu schicken.“
Nachdenklich unterbrach ich den Jungen(möglicherweise etwas zu barsch…)
„Arthagan, kannst du dich an das Wort welches der Schwertmeister verwendete erinnern?“ Mein zorniges die Frage begleitendes Knurren schüchterte den Jungen etwas ein und lies ihn stocken. „Es, es klang wie Schar-irgendwas, nein. nein eher wie karush, karshu oder so irgendwie, es tut mir leid Llew. ich…ich erinnere mich nicht“. Schon gut Junge, war es vielleicht Kursha?“
Nachdem ich den Begriff mehrmals und mit verschiedener Betonung wiederholte blitzten seine Augen und er bestätigte meinen Verdacht. Über meine Lefzen drangen derbe Flüche, und ich zitterte vor Wut und Zorn, Arthagan wich erschrocken zurück als es über mich kam und ich den Mond anheulte.
„Llew…?“ „. alles in Ordnung Junge…ich erzähl dir irgendwann was dieses verfluchte Kursha ist und was er bewirken kann.“, ich gewann meine Beherrschung zurück, und nahm die Menschliche Form wieder an (was mich probt zum lauten Nießen zwang). Arthagan schüttelte verständnislos den Kopf und erzählte ruhig weiter.
Anfangs war ich etwas abgelenkt den meine Gedanken kreisten um das vermaledeite verfluchte Kursha. Von einigen wurde es auch flüssige Pestilenz genannt.
Es war eine Tinktur aus verschiedene Giftpflanzen wie, schwarzer Lotus, Grabmoos und viele mehr, als auch Gifte von verschieden Tieren wie Spinnen und Skorpione, Schlangen und noch andere grässlichere Zutaten. Das genaue Rezept war nur sehr wenigen bekannt, wenn jemand mit Kursha erwischt wurde, zwang man ihn es selbst zu trinken. Dennoch war das schreckliche Gift noch immer bekannt und fand auch seine Anwendung wie meine neusten Informationen bestätigten.
Je nachdem wie und in welcher Dosis Kursha eingesetzt wurde, waren seine Wirkung mannigfach kann schnellen Tod wie auch langsamen qualvollen bringen, oder einfach nur höllische Schmerzen, was gewisse Individuen zum Foltern nutzten. Wurde es auf eine Waffe aufgetragen und dabei entsprechende Worte rezitiert, heilten selbst die kleinsten, durch die verfluchte Waffe zugefügte wunden kaum bis gar nicht. Das sind nur einige der wenigen schrecklichen Anwendungsmöglichkeiten des Kursha. Doch wurde mir nun auch klar weshalb einige wunden des Jungen nicht heilen wollten, besonders die Beinwunde. Ich vermutete, dass zumindest diese Waffe mit dem verfluchten Zeug präpariert war. Doch nun, da ich dies wusste, konnte ich entsprechend handeln. Eine riesen Last viel mir soeben von der Seele.
Die zaghafte Berührung des Jungen brachte mich wieder in die Gegenwart zurück. „Entschuldige Arthagan, ich war etwas abgelenkt, bitte fahr fort oder wiederhole das was du in den letzten ungefähr zehn Minuten erzähltest“. Arthagan seufzte leise, überlegte kurz und nahm den Erzählfaden wieder an der Stelle auf als der Schwertmeister sich von der Gruppe verabschiedete;
„Nun ja, viel gibt es nicht mehr zu berichten. Galdraen machte sich auf den Rückweg, ich hoffe sehr dass er seinen treuen Hengst retten konnte und auch selbst heil angekommen ist.
Unweit des alten Grabfeldes schlugen wir ein kleines Basislager auf.
Die Gelehrten gingen ihren Tätigkeiten nach und ihre Leibwächter pa¬t¬rouil¬lie¬rten. Tarius und ich kümmerten uns um die Malzeiten, die Pferde und um das Lager, wie uns eingebläut wurde hielten wir uns zurück und beobachteten. Nach zwei Tagen traf dann die versprochene Verstärkung aus Sturmwind ein.
Es blieb alles ruhig. Bis zu dem Tag als die Gelehrten von ihrem Erfolg berichteten. Wir begannen das Lager abzubrechen und die meisten waren froh endlich von dem Ort wegzukommen Noch während wir packten stürzten sich die Leibwächter oder besser gesagt Söldner auf die gelehrten und machten sie nieder. Anschließend griffen sie uns an. Die Paladine und Krieger kämpften verbissen. Ich hingegen wurde schnell besiegt, der Anführer der Söldner schlitzte mir kurzerhand das Bein mit seinem Beidhänder auf.
Ich ging zu Boden und verlor kurz darauf das Bewusstsein, der Schmerz war einfach überwältigend. Irgendwann brachten starke Hände die mich packten und zur Seite schleppten wieder halb zu Bewusstsein.
Einer unserer Paladine schmiss mich unsanft hinter ein Gebüsch. ‘Wenn du überleben willst Junge, stell dich Tod‘ befahl er mir und stürzte sich wieder in den Kampf. Kurz bevor unsere Krieger überhand gewannen stürzten wilde Worgen aus dem Unterholz und wüteten grausam. Wie befohlen stellte ich mich Tod, ich war nicht mehr fähig zu kämpfen und dennoch wollte ich überleben um Bericht zu erstatten und mich auch irgendwann zu rächen. Das Gemetzel war grausam, unsere Krieger waren der Worgenübermacht nicht gewachsen, nach und nach fielen sie. Nun ja und dann trafen du und Swar ein und beendeten die Schlacht… den Rest kennst du ja Llew.“ Schluchzte der Junge denn all da s erlebte trat wieder an die Oberfläche, sein Gesamter Körper zitterte und bebte. Er schlug die Hände vor seine Augen und weinte bitterlich.
Ich ließ ihn gewähren und zählte in Gedanken die Toten die ich vergraben hatte. Verglichen mit dem Bericht des Jungen waren es zu wenige, auch wenn jeder einer zu viel war.
„Arthagan…Junge…hast du vielleicht gesehen, dass die Worgen Menschen weggeschleppt haben?“ fragte ich den schluchzenden und legte meine Hand freundschaftlich auf seine Schulter.
Ich konnte mir das Fehlen von Leichen nicht anders erklären, außerdem hatte ich ein seltsames Gefühl. Es dauerte einige Zeit bis Arthagan fähig war meine Frage zu Beantworten.
„ Ja.. ja doch, aber niemanden von unseren Kämpfern, die wurden tot zurückgelassen. Aber den Anführer dieser Söldner, einen oder zwei seiner Spießgesellen und ich glaube auch einen der Gelehrten, aber da bin ich unsicher. Llew… haben die Worgen sie mitgenommen um sie zu. zu…“ weiter kam Arthagan nicht den ein neuer Weinkrampf schüttelte ihn. Ich wusste was er meinte und konnte ihn mit gutem Gewissen beruhigen.
„Nein Junge nicht deswegen, Worgen fressen ihre Opfer nicht auf. Nein, das tun sie nicht, aber entweder nahmen die Worgen sie mit um sie in ihr Rudel zu integrieren, also zu verwandeln, oder aber… und das scheint wahrscheinlicher, brachten sie ihre verletzten Verbündeten in Sicherheit“ (beides war keine schöne Aussicht), bemerkte ich leise und streichelte nachdenklich den schlafenden Swar.
„Llew, ich möchte das herausfinden, ich möchte wissen weshalb meine Freunde sterben mussten…“ Ich nickte dem trauernden Jungen zu, „Ja das sollten wir aber nicht jetzt und nicht heute und vor allem nicht auf eigene Faust. Wir brauchen Hilfe und Informationen, einiges kann ich bestimmt aus Sturmwind mitbringen, aber du hältst während meiner Abwesenheit die Füße still und unternimmst nichts Dummes.“ drohte ich knurrend und funkelte Arthagan an. In seinen Augen erkannte ich Zorn und Unwille aber langsam wich beides, und er wirkte einfach nur zutiefst traurig.
„Doch nun lass uns zur Hütte zurückgehen und uns etwas ausruhen. Der Morgen graut bald,wir sollten uns noch etwas hinlegen und ausruhen.“ schlug ich vor.
Ich half Arthagan auf die Beine und reichte ihm seine Gehilfen. Gemeinsam schlenderten wir zur Hütte. Swar blinzelte und trottete uns gähnend nach. Croy stürzte sich aus einem Baumwipfel und landete plump auf meiner Schulter. Der faule Rabe ließ sich natürlich mal wieder tragen… ich seufzte leise.
Kaum war Arthagan an seinem Nachtlager angekommen, streifte er sich mit müden Blick sein Nachtgewand über, und schon bald klang sein lautes Schnarchen durch meine kleine Hütte.
Swar winselte leise und schlug sich die mächtigen Pranken über seine empfindlichen Ohren. Croy hob lautstark Einspruch ob dem Getöse des Jungen. Erst als ich den Vogel bedrohlich anknurrte und meine Zähne fletschte hielt er endlich den Schnabel. Zu seiner eigenen Sicherheit verzog er sich in das hinterste Eck. Ich grinste über die Eigenheiten meiner langjährigen Freunde und Begleiter. Die beiden würden sich wohl nie ändern, und darüber war ich sehr glücklich, sie blieben wie sie sind.
Da der Morgen bereits langsam graute, entschied ich mich nicht zu schlafen, sondern mich in Versenkung zu üben. Dhwetan Duir brachte mir vor vielen Jahren diese Art der Regeneration und Erholung bei. Er nannte es scherzhaft ‘Elfenschlaf‘. Ich brachte den weisen Erzdruiden schier zur Verzweiflung bis ich endlich kapierte wie dies funktionierte, und wie ich mich am besten anstellen musste. Schließlich bin ich ja kein Spitzohr…
Doch als ich es endlich kapierte und einigermaßen beherrschte, erkannte ich schon bald die Vorzüge dieser Ruheart. Ein bis zwei Stunden der Versenkung und ich fühlte mich wie neu geboren, erholt wie nach einem langen ruhigen Schlaf.
Ich setzte mich also auf meine Fersen, schloss die Augen zur Hälfte und formte meine Hände zu einer Schale. Nun stellte ich mir vor, dass ich eine Flamme in ihnen hielt. Schon bald spürte ich eine tiefe Ruhe, Friede und Gelassenheit über mich kommen. Ich bewahrte die Flamme vor dem Erlöschen, (und mich davor von ihr verbrannt zu werden). Es gelang mir auf Anhieb, und so genoss ich die Wärme und Geborgenheit die sie mir in meinen Gedanken schenkte.
Stillschweigend bedankte ich mich bei meinem Meister, der mich so viel lehrte. Ich dankte ihm, dass er, dass er während meiner Grundausbildung, niemals die Geduld verloren hatte. Ich dankte ihm, dass er mit der Tradition brach und mich als seinen Schüler aufgenommen hatte. Ich war einer von den wenigen Nichtelfen, welchen es gestattet wurde die Kunst des Druidentums zu erlernen.
(Ich hoffte meinen Meister und Erzdruiden Dhwetan Duir in Sturmwind zu treffen, denn ich benötigte dringend Rat und Hilfe was Arthagans Genesung betraf. Die Chancen standen gut, dass er ebenfalls zum Markt in die Stadt gereist war, oder er befand sich bereits dort.)
Einige Zeit später rappelte ich mich mit steifen Gliedern auf, am Stand der Sonne erkannte ich, dass nicht mehr als zwei Stunden vergangen waren. Ich fühlte mich wach und erholt. Es war noch früh am Morgen, genau die richtige Zeit für mein Vorhaben.
Ich warf mir meinen Umhang über, schnappte eine flache Schale und machte mich zum nahegelegenen Sumpf auf. Als ich an Arthagans provisorischer Kammer vorbei ging bestätigten seine ruhigen Atemzüge, dass er noch tief schlief.
Also verließ ich die Hütte leise und schlenderte zum nahegelegenen Sumpf.
Der Morgen war noch jung war, und der Tau auf Blättern und Grashalmen glitzerte in den ersten Sonnenstrahlen. Mein Atem bildete kleine Wölkchen, in der kühlen Morgenluft, ich zog den Umhang enger um mich, entledigte mich meiner Schuhe und krempelte meine Beinkleider hoch. Leicht fröstelnd watete ich durch das Sumpfland und hielt nach Blutegeln Ausschau.
Die nützlichen Tierchen wollte ich später dem Jungen auflegen. Sicherlich war Arthagan alles andere als begeistert von meinem Vorhaben, dennoch würde er die Notwendigkeit verstehen, und ohnehin würde er nicht viel von den hungrigen Helfern mitbekommen.
Wie ich bereits erwähnte, wirkt ein Sud aus Erdwurzel leicht betäubend und berauschend, und wenn es sein musste würde ich ihm das Zeug einflössen. Ich musste das verdammte Kursha aus dem Körper des Jungen bekommen, und da ich weder ein Erzdruide war, noch über die besonderen Fähigkeiten meines Meisters verfügte, blieb mir nichts anderes übrig als diese Aufgabe den Wirbellosen Tierchen zu überlassen.
Trotz des frühen Morgens und der kühlen Temperatur waren die Blutegel bereits putzmunter. Ich war heilfroh, dass diese niedlichen Tierchen Worgenblut verabscheuten.
Es dauerte nicht lange und in meiner Schale tummelten sich ein gutes Dutzend dieser Gesellen.
Die Schale deckte ich mit einem gelöcherten dünnen Brett ab (die Tiere mussten ja schließlich atmen) und verschnürte das Paket sorgfältig. Die kleinen Helfer würden nach getaner Arbeit ihre Freiheit wiederbekommen.
Als ich die Hütte betrat rumorte es bereits in Arthagans Kammer.
„Bleib noch etwas liegen Junge, das Frühstück ist gleich fertig ich bringe es dir in die Kammer“ rief ich durch den hängenden Leinensack welcher Arthagans Schlafplatz abtrennte. Wenn der Junge bei mir bliebe, sollte er bald seine eigenen vier Wände bekommen, ich hatte bereits eine Idee wie ich ein zwei Räume an meine Hütte, ohne großen Aufwand, anbauen konnte.
Ich stellte rasch den Rest des Eintopfes vom gestrigen Abend aufs Feuer, und die Schale mit den Egeln in ein Regal. In einem zweiten Topf setzte ich Wasser auf und gab eine gute Dosis Erdwurzpulver und andere fein gemahlene Kräuter dazu.
In die Schale mit den Egeln goss ich etwas lauwarmes Wasser und den grünlichen Inhalt einer Phiole, das würde sie hungriger machen (oder wenn wir es mal morbide ausdrücken möchten, blutrünstiger). Anschließend bedeckte ich die provisorische Unterkunft der kleinen Helfer wieder und beschwerte das Brett.
Ich brachte den Eintopf, eine kleine Schale eingelegte Früchte und den dampfenden Becher an das Lager des Jungen.
„Iss dich satt, und trink den Tee leere den Becher bis zur Neige und dann komm umgehend zu mir in unseren Hauptraum. Die Kräuter entfalten ihre Wirkung schnell, und ich möchte nicht, dass du auf dem Weg stolperst oder sogar stürzt.
Arthagan blickte mich mit großen fragenden Augen an und schielte misstrauisch widerstrebend zum Becher.
„Du wirst dich nach dem trinken schwach und unsicher auf den Beinen fühlen. Es ist eine leichte Betäubung für deinen Körper und Geist. Mir wird es mir erleichtern die nötige aber leider etwas unangenehme Behandlung durchzuführen. Du wirst also nicht viel davon mitbekommen.“ beruhigte ich.
„Ich vertraue dir Llew., und danke für alles…“murmelte Arthagan leise.
Während Arthagan in seiner Kammer das Frühstück zu sich nahm polsterte ich unseren Esstisch mit einige Decken. Es war für den Jungen besser, wenn er nicht zu weich liegen würde, (und bequemer für mich).
Kaum war ich mit den Vorbereitungen fertig hörte ich das unsichere humpeln des Jungen. „Llew, kannst du mir bitte helfen, ich habe das Gefühl, dass sich der Boden schwankt wie ein Schiff auf hoher See…“
Zufrieden eilte ich dem Jungen zur Hilfe. Die Wirkung der Kräuter setzte schneller als erwartet ein. Ich konnte also eher mit der Behandlung beginnen und für den Jungen würde es somit früher vorbei sein. Ich half den jungen aus seinem Nachtgewand und hob ihn Vorsichtig auf den Tisch. Da er Außer seinem Lendenschurz nichts trug, fröstelte er leicht, doch mit einer warmen Decke schaffte ich schnell Abhilfe. Als er bequem lag, wickelte ich
seine Verbände ab. Einige der Verletzungen waren endlich verheilt und zog die Fäden. Aber die meisten anderen gefielen mir überhaupt nicht, besonders die Beinwunde sah schlimmer aus als bisher. Doch mangels meiner Kenntnisse wagte ich nicht sie nochmals zu öffnen und dem Jungen abermals schlimme Schmerzen zuzufügen. Jemand der kundiger als ich war musste sich dem Jungen dringend annehmen und zwar schnell.
Er hielt vorbildlich still, und selbst als ich sein Bein etwas Nachrichten musste, drang kein Schmerzenslaut über seine Lippen. Als ich die Schale mit den hungrigen Blutegeln öffnete stöhnte er leise vor sich her, und derbe Flüchen waren zu hören. Ich erklärte, während ich die Tierchen, eines nach dem anderen, auf seinen Körper legte, die Notwendigkeit. Er erschrak sehr als ich ihm vom Kursha berichtete.
“Sie saugen das Gift wirklich alles aus mir heraus? Ich dachte sie saugen nur Blut…“ fragte er ungläubig. Ich seufzte leise (wenn es nur so leicht wäre, dachte ich bedrückt). Die Augen des Jungen verlangten nach einer Erklärung, ich schätze seinen Wissensdurst
Eine kurze Weile rang ich mit mir ob ich Arthagan belügen sollte, doch ich entschied mich dagegen. „Nun, sagen wir es mal so, sie leisten gute Vorarbeit. Die Egel saugen Blut, das ist richtig aber mit dem Blut kreißt auch das Kursha durch deinen Körper und schadet ihm sehr. Die Tierchen stillen ihren Hunger, sie sind immun gegen die meisten Gifte, auch gegen Kursha. Sie trinken Blut worauf dein Körper frisches produziert, das dauert für gewöhnlich ein bis zwei Tage, in der Zeit wirst du dich möglicherweise müde und schwach fühlen.
Das Kursha, dass im alten Blut vermischt ist, wird durch das frische verdünnt und schadet dir dann weniger.
Dennoch, ich werde in Sturmwind einen Erzdruiden aufsuchen und ihn bitten mich zu begleiten. Jener wird dann hier eine Reinigungszeremonie an dir durchführen und das restliche Kursha aus deinem Körper ziehen…“
„Autsch verdammt, diese Tierchen haben wirklich spitze Zähnchen… verdammtes gezwacke…“ kommentierte Arthagan mit einem schiefen Lächeln das zubeißen der Egel, und wischte sich verstohlen die Tränen aus den Augenwinkeln.
„Diese ähm Reinigungszeremonie.. wird es sehr weh tun, und wird Erzdruide Dhwetan Duir sie an mir durchführen? Wird es lange dauern und wie macht er das…?“
Arthagans Wissensdurst flammte wieder auf und lenkte ihn von den Blutegeln ab die sich nun alle festgebissen hatten und gierig ihren Hunger stillten.
„Nun das sind viele Fragen die ich dir gerne beantworte; Deine erste Frage kann ich mit gutem Gewissen und aus eigener Erfahrung mit einem Nein beantworten. Es kann aber sein, das du dabei fiebern wirst.
Ich will dich aber nicht anlügen Arthagan…. Eine Reinigungszeremonie alleine wird nicht reichen. Deine Beinwunde sieht schlimm aus…“
„Sie schmerzt aber kaum…“murmelte der Arthagan verwirrt. Das Geständnis des Jungen beunruhigte mich sehr, es war kein gutes Zeichen, ich brauchte einige Zeit bis ich mich wieder fing.
„Das mag schon sein und ist eine Reaktion deines Körpers, dennoch bin ich alles andere als erfreut über diese Entwicklung. Aber ich bin mir sicher, dass Dhwetan dir helfen kann. Ich weiß nicht genau wie, aber ich denke, dass es, egal wie er sich entschiedet es wird wehtun. Ich werde aber die ganze Zeit über bei dir sein, wenn du es möchtest
Die Dauer der Zeremonie…hmmm… nun ja das kann durchaus mehrere Tage dauern. Die Dauer hängt für gewöhnlich von der Menge des Giftes, welches sich im Körper befindet sowie der Fähigkeit und Erfahrung des Erzdruiden ab. Wie es gemacht wird… nun ja genau kann ich da s nicht erklären, das wissen nur die Erzdruiden, es ist eine ihrer erlernten Fähigkeiten Gifte aus Körpern zu ziehen. Als Hilfsmittel dienen verschiedene Kräuterumschläge, Kräutersüde und Tinkturen die sie dem betroffenen einflössen sowie das Verräuchern von Kräutern gehören ebenfalls dazu.
Während dieser Zeremonie befindet sich der Erzdruide in einer Art Trance, er bittet die Naturkräfte, durch das rezitieren alter Formeln, ihm beizustehen und zu helfen. Das Ganze wird in einem abgeschiedenen Raum durchgeführt und darf nicht gestört werden. Mehr kann ich dir leider nicht darüber berichten Arthagan. Ich weiß nur, dass es nicht schmerzt, weil ich es an eigenem Leib erfuhr, es ist viele Jahre her, aber ich erinnere mich als ob es gestern gewesen wäre. Es ist aber keine negative Erinnerung.
Was deine letzte Frage betrifft, nun ja ich hoffe sehr, dass Dhwetan in Sturmwind treffe und dass er sich bereit erklärt dir zu helfen. Wenn er sich körperlich imstande dazu fühlt bin ich sicher, dass er einwilligt. Das Ganze ist nämlich eine ernstzunehmende Belastung für den Druiden… Ich denke das solltest du wissen…“
Arthagan nickte stumm, und seufzte leise eine Entschuldigung.
„Ich glaube meine kleinen Freunde sind nun satt, zumindest einige von ihnen, sie kriechen auf mir rum. Auch wenn ich ihnen dankbar bin. ist es verdammt unangenehm… Llew würdest du bitte…“
Ich erfüllte dem Jungen natürlich die nachvollziehbare Bitte und beförderte die vollgesaugten Blutegel wieder in die Schale.
„Wie fühlst du dich nun?“
„Müde, Ausgesaugt und Ausgelaugt, aber ich denke etwas besser bis auf meinem Kopf, der pocht als ob ich an einem Saufgelage teilgenommen hätte…“ antwortete er mir in seiner Direktheit.
„Das liegt am Blutverlust und an der Erdwurz die ich dir gab…Ich bringe dich in dein Bett. Anschließend schenke ich unseren emsigen Helfern wieder die Freiheit. Wenn du bei meiner Rückkehr noch wach bist, kümmere ich mich um deine Kopfschmerzen.“
Als ich vom meiner abendlichen Sumpfwanderung zurückkehre, lag der Junge entspannt auf seinem Lager und las in einem meiner Kräuterbücher.
„Llew… würdest du mir vielleicht einiges davon beibringen, ich meine die Heileigenschaften der Kräuter und so … Es ist einfach faszinierend was die Natur alles hervorbringt.“ bemerkte Arthagan mit leuchtenden Augen.
„Sofern du längere Zeit hierbleibst, werde ich das gerne tun, wissen schadet niemals. Was macht dein Kopf?“ „Er pocht, aber es ist auszuhalten…“
Ich nahm ihm sanft das Buch aus der Hand und bat ihn sich auf den Rücken zu legen, die Augen zu schließen und versuchen sich zu entspannen. Als die Atmung des Jungen ruhiger wurde, legte ich meine Hände auf seine Stirn, sprach einige der alten Worte und wirkte auf bestimmte Punkte ein. „Das tut gut…“ murmelte er dankbar.
Nachdem Arthagan eigeschlafen war, machte ich mich an die Arbeit und bereitete die restlichen Tinkturen für ihn. Kurz nach Mitternacht legte auch ich mich schlafen…