Llew Llaw Arian

 

Kapitel 3; Sturmwind

Als die Sonne aufging lief ich bereits geschäftig in meiner Hütte hin und her. Ich hatte bereits frisches Brot gebacken und das meiste für meine Reise nach Sturmwind eingepackt. Über dem Feuer hing ein kleiner Topf indem eine einfache Brühe mit frischen Kräutern vor sich her köchelte. Ich selbst hatte bereits gefrühstückt, die kräftige Brühe war für den Jungen bestimmt.
Mit meinen Schritten Maß ich die bestehenden Räume aus. Für mich und meine beiden Freunde Swar und Croy war genug Platz vorhanden, doch ich wollte, da Arthagan wahrscheinlich längere Zeit bei mir weilen würde, ein bis zwei Räume für ihn anbauen.
Selbst, wenn mein Meister, der Erzdruide Dhwetan Duir (den ich in Sturmwind zu treffen hoffte), dem Jungen helfen konnte, würde seine Heilung längere Zeit benötigen. Möglicherweise einen vollen Jahreskreis, doch ich war bereit meine Abgeschiedenheit zu seinem Wohl, selbst für längere Zeit, zu opfern.
Das verfluchte Kursha hatte seinem Körper bereits sehr geschadet, besonders seine lange Beinwunde sah schlimm aus, und sie wollte einfach nicht abheilen, ich war mit meinem Wissen am Ende. Wir sprachen zwar selten darüber, aber ich denke, der Junge wusste, dass es nicht besonders gut um sein Bein stand. Dhwetan würde die Wunde sicherlich abermals öffnen müssen, um das faulende Fleisch zu entfernen. Ich hoffte sehr, dass dieses Gift seine Knochen noch nicht angegriffen hatte.

„Guten Morgen Llew…!“, erklang Arthagans freundlicher Gruß hinter meinem Rücken und riss mich aus meinen trüben Gedanken. Der Junge war trotz seinem Zustandes meistens gutgelaunt, besonders in den letzten paar Tagen viel mir dies auf. Arthagan humpelte durch den Ess- und Kochraum, welcher auch das Zentrum und größtes Zimmer meiner Hütte war, und lies sich auf einen der Stühle fallen (ich besaß lediglich zwei dieser komfortableren Sitzgelegenheiten). Ich füllte ihm eine Schale mit der Suppe und einen Becher mit frischen Minztee. In der Mitte des Tisches befand sich ein frischer, noch handwarmer Brotlaib.
Da ich die leuchtenden Augen des Jungen bemerkte, schob ich ihm das Gebäck zu… Arthagan strahlte und brach sich ein großes Stück ab.
„Llew dein selbstgebackenes Brot ist das beste das ich je gegessen habe…! Sind da Nüsse drin…?“
Ich bedankte mich für das Lob und nickte schmunzelnd. Genau deswegen mochte ich den Jungen so gern. Seine offene ehrliche Art, (er trug das Herz wahrlich auf der Zunge) und die Tatsache, dass man ihm mit Kleinigkeiten (die für viele alltäglich sind) eine so große Freude bereiten konnte.
„Du musst mir unbedingt lehren wie man so gutes Brot bäckt…“ begehrte er kauend. Abermals nickte ich im schweigend zu.
Die Blässe des Jungen machte mir Sorgen, er schien zwar einen gesunden Appetit zu besitzen aber dennoch…. Ich musterte ihn genaustens. „Arthagan, wie geht es dir. Schmerzt dein Bein?“ Er zögerte eine Weile ehe er antwortete; „Ich weiß nicht Llew…. Es schmerzt nicht mehr als sonst, aber es fühlt sich etwas anders an… wärmer…“
Ich bat ihn den Fuß auf den freien Stuhl zu legen. Vorsichtig öffnete ich die seitlichen Bänder seines Beinkleides (Ich hatte das Kleidungsstück einige Tage zuvor umgeändert um das an und ausziehen einfacher zu machen.) und wickelte den Verband ab. „Tut das weh…?“ erkundigte ich mich besorgt als ich behutsam die Wundränder abtastete.
Der Junge hatte recht, das ganze Bein fühlte sich ungesund warm an, besonders die Wundränder und die Stellen nahe an diesen. Es war jedoch noch keine Rötung oder Entzündung zu entdecken.
Auf meine Frage hin schüttelte er verneinend den Kopf. Vorsorglich massierte ich die warmen Stellen mit einem kühlenden Kräuteröl, und deckte die Wunde mit frischen Verbänden wieder ab.
Ich seufzte leise. „Ist es sehr schlimm…?“ wollte er wissen. Bevor ich ihm antworten konnte streckte er mir die leere Schale entgegen und bat um mehr Suppe.
„Llew…mach dir bitte keine Sorgen um mich. Es ist so wie es ist…Ich habe mich bereits damit abgefunden das Bein möglicherweise zu verlieren. Nein bitte hör zu…Ich bin schon einige Jahre Knappe, ich sah möglicherweise bereits mehr Schwertverletzungen als du. Doch niemals ließ die Heilung solange auf sich warten. Ich kenn mich mit diesem… diesem Kursha nicht aus, ich wusste gar nicht, dass es sowas überhaupt gibt, und dennoch sehe ich was es bewirken kann. Ja ich sehe es, ich fühle es, und manchmal tut es einfach nur höllisch weh, und manchmal nun ja spüre ich mein Bein fast gar nicht…
Aber trotz allem lasse ich mich nicht unterkriegen. Mutter hätte es nicht gewollt, du sagtest selbst, dass sie nie die Hoffnung aufgab. Außerdem ist das Leben viel zu kostbar um vor sich hin zu vegetieren…“
Ich senkte beschämt meinen Blick und deutete eine Verbeugung an. Arthagans Worte berührten mich tief.
Man erwartet eine solche Aussage vielleicht von einem älteren und weisen aber nicht von einem Jungen der noch keine zwanzig Sommer zählte.
Nachdenklich fuhr er fort:
„Mir ging vieles durch den Kopf Llew, der Überfall und die Verletzung hat mich sehr verändert mein Freund. Anfangs war ich einfach nur wütend und zornig, mir gelüstete es an Rache. Dann war ich einfach nur traurig, dass meine Freunde ihr Leben lassen mussten. Ich fragte mich immer wieder, weshalb ich als einziger überlebt habe und verfluchte mich selbst dafür. Ich verfluchte den Paladin der mich hinter die Büsche geschafft hatte, ich verfluchte den Befehl den er mir gab mich todzustellen, aber besonders verfluchte und verachtete ich mich selbst, dass ich ihm gefolgt habe.
Doch nun, irgendwie weiß ich, dass es einen Sinn hat, dass sich noch Lebe, und ich werde nicht aufgeben Llew. Bestenfalls werde ich mein ganzes Leben ein schweres Hinken behalten. Aber dennoch werde ich meinem Vater Ehre machen und in seine Fußstapfen treten. Ich mag kein Pferd mehr reiten können, oder in einer Schlacht kämpfen aber dennoch muss ich meinen Traum, ein Paladin zu werden, nicht aufgeben.
Altaru erzählte uns Knappen immer, dass nicht alle Paladine Kämpfer seien. Einen Paladin zeichnet nicht die Fähigkeit eine Waffe zu schwingen aus, sondern der Wille andere zu beschützen und ihnen zu helfen. Selbst als Einbeiniger kann ich unsere Paladine und Krieger im Lager versorgen. Ich kann für sie Kochen, ihnen ein Freund sein, und wenn jemand mir die Kunst der Heilung etwas näherbringt, kann ich ihre Wunden versorgen oder zumindest dabei helfen.
Ich werde kämpfen um dies zu erreichen und wenn es das letzte ist was ich tue…“
Ich war erneut perplex von der Aussage des Jungen und blieb wie versteinert stehen. Arthagan lächelte und musterte mich. „Kann ich die Suppe nun bekommen oder willst du Croy damit füttern, ich mein ja nur weil du die Schale so in der Luft hältst…“ grinste Arthagan schelmisch. Ich murmelte eine Entschuldigung und stellte das gefüllte Behältnis vor den Jungen hin. „Danke mein Freund…sie ist wirklich köstlich.“
Mit einem Feuer in den Augen (das ich sonst nur von Dhwetan und anderen entschlossenen Elfen kannte) genoss Arthagan das einfache Mal. Ich lies mich auf den freien Stuhl, (Arthagan hatte sein Bein wieder unter dem Tisch ausgestreckt). Der Junge beeindruckte mich mit seiner Einstellung und seinem Willen zutiefst. Vor mir saß ein zufriedener (nun satter) junger Mensch, der sich mit seinem Schicksal abgefunden hatte, und versuchte das Beste daraus zu machen, zum Wohle anderer.
„Arthagan, ich werde gleich aufbrechen, bitte höre mir also genau zu. Ich habe dir einige Kräuterauszüge bereitet, sie werden für die Tage meiner Abwesenheit ausreichen.“
Ich legte einige Phiolen auf den Tisch und fuhr fort.
„Morgens und abends wirst du jeweils eine davon zu dir nehmen. Sie sind schmerzlindernd und helfen mögliche Entzündungen und andere Verschlechterungen im Zaum zu halten.
In der Kammer gibt es genügend Lebensmittel um dich die Tage über ausreichend zu sättigen.
In den Körben findest du Wildwurzeln, Kartoffeln, Karotten und Äpfel. In den Tiegeln sind getrocknete Beeren und Nüsse. Verschiedenes Getreide ist ebenso vorhanden wie Trockenfleisch. Auch ein paar Laib frisches Brot habe ich dir bereitgestellt. Nuss und Früchtebrot, das wie du weißt sehr lange frisch bleibt, liegen in den Regalen.
Wenn Croy hier ist, gib ihm einfach etwas von deinem Essen ab, dann ist er zufrieden. Swar versorgt sich selbst, er ist übrigens auf der Jagd, und versprach mir, dir einen Hasen für dich zu erlegen und bisher hat er immer Wort gehalten. Hast du sonst noch eine Frage Arthagan?“
„Nein ähm…ich meine Ja…. Kannst du mit Swar wirklich sprechen…?“
„In gewisser Weise…aber für einen Druiden, besonders so einen wie mich (dabei spielte ich auf meine Wolfsnatur an) ist es nicht ungewöhnlich.“ Schmunzelte ich und gab zum Beweis einige Knurrlaute von mir.

Ich ließ den verwunderten Jungen stehen und holte meine Reise- und Kräutersäcke.
„Kannst du mir bitte gleich helfen und die Taschen mir auf den Rücken binden?“
Ich begab mich mit dem Gepäck vor die Tür und wechselte, mit lautem Nießen (das versteht sich von selbst) in meine Rabengestalt.
Als ich mich wieder zur Tür hindrehte, stand Arthagan schmunzelnd im Rahmen. Geschickt band er das Gepäck mit einem Seil an mir fest. Ich Überzeugte mich mit einigen Flügelschlägen, dass es mich nicht behinderte und hob mich in die Luft. Croy stob laut krächzend von irgendwoher auf mich zu und umringte mich freudig, und folgte mir. Doch bereits nach wenigen Flügelschlägen, als er bemerkte, dass ich mich in Richtung Sturmwind wandte, schüttelte er missmutig seinen Rabenkopf und kehrte zur Hütte zurück. Er mochte die Stadt noch weniger als ich.
Ich flog noch eine Runde über die Hütte und winkte dem Jungen, so gut es eben ging ohne aus der Balance zu kommen, mit einem Flügel zum Abschied. Arthagan schaute mir winkend nach und verzog sich, dicht gefolgt von Croy in unsere Hütte.
Wenige Stunden später überflog ich bereits Goldhain. Aus der Taverne ‘zur Höhle des Löwen‘ klang wie üblich reges Stimmengewirr, lautes Jolen und derbe Flüche. Ich musterte mit meinen Rabenaugen die seltsamen gestalten (einige waren mehr als spärlich gekleidet) die vor der Taverne herumlungerten und schüttelte angewidert mein edles Haupt, und flog rasch weiter.
Wenig später überflog ich Strumwinds (in meinen Augen hässliche) Stadtmauern und kreiste über dem Magierviertel. Dieser Teil der Stadt war relativ begrünt, es gab auch einige Bäume. Doch verglichen mit dem kräftigen Gehölz im Dämmerwald und jene Bäume die meine Hütte umgaben, waren diese hier eher Büsche in einem Ziergarten. Sie waren klein, schmächtig und zu allem Überfluss noch in wiedernatürliche Formen gestutzt. Es gab auch Blumen hier, doch sie waren in Bete gequetscht worden und ebenso geordnet und zurechtgerückt wie die Bäume. Ich seufzte leise, dies war typisches Magiertum, alles musste geordnet sein, alles seinen Platz haben… Aber wer konnte eine solche Ansicht den Magiern verübeln, eine falsche Handbewegung, undeutlich ausgesprochene Formeln konnten ihren Tod oder anderes übel heraufbeschwören…. Ich beneidete sie keineswegs ob ihrer notwendigen Pingeligkeit…
Auch ihren seltsamen Portalzaubern traute ich nicht, (man wusste ja schließlich nie ob man auf der anderen Seite heil ankam oder doch mitten in einem Felsen stecken blieben würde solche Fälle soll es ja gelegentlich geben oder gegeben haben). Verdammt ich habe schon ein flaues Gefühl im Magen, wenn ich mich selbst auf die Mondlichtung teleportieren muss. (Daher bevorzuge ich meine Hufe oder Flügel).
Ich verminderte meine Fluggeschwindigkeit und landete mehr oder weniger elegant (wie es nun mal mit auf dem Rücken geschnürten Gepäck ging) auf der Rasenfläche unweit des Einganges zur Taverne ‘Zum blauen Eremiten‘. Mein Lautes Nießen, das s wie üblich meine Gestaltwandelei begleitete schreckte einige der Gäste, welche die Sonnenstrahlen auf der Terrasse sitzend, genossen auf.
Ich war froh, dass der Wandel von der Rabenform in meine Menschliche Gestalt so reibungslos klappte (mal abgesehen vom Nießen.) Manchmal drängt sich meine Wolfsnatur dazwischen. Ich entschuldigte mich höflich und zog die Kapuze meines Umhanges tief ins Gesicht. Die meisten meinen ich wolle so meine etwas peinliche Narbe verbergen, aber das eigentliche Zweck der Kapuze ist von meinen bernsteinfarbenen Augen, die meine wahre Natur verraten konnten, abzulenken.
Ich hatte keine Lust den Kerker von innen zu sehen da man mich irrtümlicherweise für einen wilden Worgen halten konnte. (Einmal hat mir wahrlich gereicht). Mich schaudert es immer noch, wenn ich mich an dem Sturmwind feuchtes Kerkerloch erinnerte.

Die Zimmer im ‘Blauen Eremiten‘ waren zwar klein aber stets sauber. Auch waren sie zweckmäßig eingerichtet. Auch wenn sie nicht billig waren, wollte ich mich hier, sofern noch etwas frei war, einquartieren. Ich rückte mein Gepäck zurecht und schlenderte lächelnd zum Eingang der Taverne. Kaum stand ich im Gastraum, wurde ich bereits von der, etwas beleibteren Wirtin Luisa überschwänglich begrüßt. (Irgendwie erinnerte sie mich wie immer an eine Glucke die besorgt um ihre Küken herumwuselte. Außerdem war ich ihrer Flut von Wangenküssen hilflos ausgeliefert.) Kaum hatte ich mich von der Attacke erholt, kam auch schon ihr Gatte Edgar aus der Kochnische geflitzt. „Llew Llaw Arian… sei gegrüßt Druide…“ donnerte seine Stimme durch den Gastraum. (Indem er mich vor allen als Druide bezeichnete, erhoffte er natürlich die Qualität seiner Gaststube zu preisen) „Wir haben ein Zimmer für euch freigehalten, es liegt direkt neben jenem des Erzdruiden…“ Ich wusste, dass nun die kräftige Umarmung des Wirtes folgte, und versuchte tief Luft zu holen bevor er seinen Plan in die Tat umsetzen konnte. Sein Griff glich einem Schraubstock (ich japste leise als die Luft aus meinen Lungen gepresst wurde)
Die Gäste raunten leise, Edgars Werbung hat seine Schuldigkeit getan, nun wussten alle, dass ein ehrenwerter Erzdruide in dieser Gaststube zu nächtigen pflegte. Ich schmunzelte leise, denn für Dhwetan war hier stets ein Zimmer bereit. Seit mein Meister, den Sohn der Wirtsleute heilte, war er hier stets willkommen. Eines der Zimmer war speziell für ihn eingerichtet worden und war sozusagen sein zweites Zuhause.
Endlich ließ Edgars Umarmung etwas nach und ich konnte wieder frei atmen. „Ist Dhwetan oben?“ erkundigte ich mich keuchend. „Er ist unterwegs und wird sicher gleich zurück sein, ach herrjeh ich muss sein Zimmer aufräumen und frische Blumen und…“ mischte sich Luisa ein und wuchtete ihren Körper die Treppe hoch. Ich grinste verstohlen ob der Geschäftigkeit und Sorge der Wirtin.
Ich wechselte noch einige Worte mit Edgar der ebenso Wirt wie vorzüglicher Koch war. Auch sein Willkommenstrunk, frisch gepresster Fruchtsaft, nahm ich gerne entgegen. Als Luisa die Treppe wieder hinunterkam und mir mit ihrem sanften Lächeln einen Schlüssel in die Hand drückte, machte ich mich mit einer Karaffe frischen Quellwassers in mein Zimmer auf. Ich wollte mich etwas frisch machen und anschließend meine Verkaufsbescheinigung, welche ich für die nächsten Markttage benötigen würde um meine Kräuter und Tinkturen feilzubieten, einholen. Später hatte ich vor in der Taverne zu Abend zu essen, Edgar war wirklich ein vorzüglicher Koch.
Als ich mit meiner Erlaubnis in der Tasche noch etwas durch Sturmwind schlenderte, und mich der Mauern noch bewusster wurde, stieß sich beinahe mit einem alten Freund zusammen.
Arbraxas der Magier trat, zerstreut wie immer, aus einem Laden für Magiebedarf. Unter einem Arm ein dickes Buch geklemmt, mit der anderen Hand seinen Magierstab umklammert, angetan mit einer zerknautschten Robe und zu allem Überfluss trug er noch einen dieser hässlichen Spitzhüte auf dem Kopf. Er war wirklich ‘ein Zauberer wie er im Buche steht‘. „Hoppla… entschuldigt der Herr…“ murmelte er und rezitierte weiter eine seltsame Formel.
„Arbraxas… du übersiehst mich wie eh und je…“ begrüßte ich ihn lachend. Erst jetzt blickte er auf und in seinen grünen Augen trat ein geheimnisvolles funkeln als er mich erkannte. „Llew…Llew Llaw Arian, du siehst gut aus du verrückter Einsiedler.“ Begrüßte er mich erfreut und musterte mich von Kopf bis Fuß. „Du aber auch mein Freund…“ entgegnete ich die Höflichkeit.
Arbraxas und ich waren uns vor vielen Jahren begegnet, genaugenommen war es Dhwetan der mich mit ihm bekannt machte, der Magier sollte mir die Furcht vor diesen verflixten Portalen nehmen (was er aber bis heute nicht geschafft hatte).
Arbraxas war ein Mensch, durch und durch, (obwohl um ehrlich zu sein nur teilweise durch). Dennoch unterschied er sich von ihnen.
Seine Hautfarbe war dunkel, und seine Gesichtszüge edel und scharf geschnitten. Er war hochgewachsener und schlanker als die meisten Menschen, zudem war er alt (und damit meine ich richtig alt), aber dennoch agil in Körper und Geist, obwohl er das durchschnittliche Alter und Lebenserwartung eines Menschen bereits um einiges Überschritten hatte. Die meisten hielten es als Zeichen für seine Macht und begegneten ihn mit extremer Ehrfurcht, wenn nicht sogar Angst. Andere munkelten, dass er mit dunklen Mächten im Bunde stehe und seine Seele den Dämonen verkauft hätte um unsterblich zu werden, und begegneten ihm mit Argwohn und Hass. Das war natürlich beides dummes Zeug.
Wie er mich selbst erklärte; tummelten sich in seinem Stammbaum, lediglich hier und dort einige Elfen, was das erreichen seines ungewöhnlich hohen Alters erklärte. Als ich bei Dhwetan nachfragte bestätigte mir mein Meister dies.
„Llew du hier…. in Sturmwind. Ich weiß nicht was seltener ist, ein Hase mit zwei Köpfen oder ein Einsiedler wie du in der Stadt…“ „Wahrscheinlich der zweiköpfige Hase, aber ja ich bin hier in Sturmwind oder dachtest du, dass sich eine deiner Illusionen sei…? Scherzte ich. „Nein sicherlich nicht… meine Illusionen sind nahezu perfekt und ohne Makel du hingegen…“ konterte er frech und spielte auf meine Gesichtsnarbe wie auch meine Wolfsnatur an. (Einen Fremden hätte ich womöglich in der Luft zerrissen, wenn er mir solche Ungeheuerlichkeiten an den Kopf geworfen hätte…).
„Pass auf was du sagst…“ knurrte ich leise, funkelte ihn wild an und entblößte meine spitzen Eckzähne etwas.
„Aber Llew du willst doch nicht, dass ich dich wieder aus dem Kerker holen muss…?“ konterte er keck.
Unser freundschaftliches Wortgefecht ging noch einige Zeit hin und her, so wie es immer war, wenn wir uns trafen.
Wir scherzten und neckten uns einfach zu gern, und das nicht ohne Grund denn ein jeder von uns kannte gewisse Peinlichkeiten des anderen. Schlussendlich verabredeten wir uns für den späten Abend. Arbraxas würde mich im ‘blauen Eremiten‘ treffen. Er war eine verlässliche Informationsquelle, und vielleicht wusste er mehr über den Überfall und vielleicht sogar über das Kursha. Wenn er nichts wusste, würde er versuchen etwas herauszubekommen da war ich mir sicher. Im Gegenzug würde er wohl einige seltene Kräuter verlangen, oder zumindest mich bitten nach ihnen Ausschau zu halten. Das war mir recht, denn wahrscheinlich hatte ich sie bereits im Lager meiner Hütte.
Wir verabschiedeten uns. Langsam wurde ich hungrig und außerdem musste Arbraxas noch einiges erledigen wie er es selbst bezeichnete.
Früher als erwartet trat ich meinen Rückzug in den ‘Blauen Eremiten‘ an. Meine Verkaufserlaubnis hatte ich in der Tasche. Daher ging ich noch in den einen und anderen Laden welche auf meinem Weg lagen. So an der Schenke angekommen hatte ich bereits die Hälfte meiner Kräuter und Tinkturen an den Mann, oder die Frau gebracht, ich musste also am nächsten Tag nur noch ausliefern und die Bezahlung annehmen. Dieser Erfolg erfreute mich sehr, da er mich davor verschonte unnötig lange (selbst ein Tag war zu lange in dieser bedrückenden Umgebung) in Sturmwind zu verweilen.
Da es noch zu früh zum Abendessen war, schlurfte ich müde die Treppe hoch und lieh mir ein Buch aus Dhwetans Zimmer aus. Es war eine kunstvoll illustrierte alte Ausgabe eines Kräuterlexikons.
mit dem Buch unter meinem Arm geklemmt schritt ich in die Gaststube hinab und setze mich etwas abseits an einen freien Tisch. Aus undefinierbaren Grund wollte ich die Tür im Auge behalten können.
Kaum saß sich, schwirrte (oder polterte) bereits Luisa an meinem Tisch. Sie stellte mir je eine Karaffe mit Wein und Wasser, eine Schale mit Früchte, sowie Brot und Honig vor die Nase. Ich strich mir eine Brotscheibe und mischte Wein und Wasser in meinen Becher, genoss beides und blätterte in Dhwetans Buch.
Plötzlich streifte mich ein Luftzug und lies meinen Blick zur Tür wandern. Die Gestalt welche den Rahmen ausfüllte war hochgewachsen und breitschultrig.
Ich blinzelte in die strahlen der untergehenden Sonne und erkannte allmählich, dass es sich um einen Nachtelfen handelte. Es musste sich um einen Krieger oder Schwertmeister handeln, denn auf seinem Rücken trug er zwei Schwerter, dessen gekreuzten Griffe hinter seinem Kopf aufragten.
Er trug eine dunkle Lederrüstung die im Restlicht der Abendsonne glitzerte. Ich staunte, denn diese Art von Rüstung bekam man selten zu Gesicht. In das dicke robuste Leder waren dunkle Diamantsplitter eingearbeitet und zudem mit brünierten Nieten verstärkt. Sie war robuster und stabiler als so manche Plattenrüstung der menschlichen Paladine, war jedoch leicht und schränkte den Träger nicht in seinen Bewegungen ein.
ich rieb mich verwundert die Augen. Nicht nur dass dieser Elfenkrieger ein erhabenes Bild abgab, es war mehr als das…Sein Auftritt und seine Erscheinung (seine mächtige Gestalt von den letzten Licht des Tages umrahmt lies mich beinahe laut heulen, doch ich beherrschte mich und hielt meine Wolfsnatur im Zaun). Irgendwie war mir das Bild vertraut, ich kramte in meinen Erinnerungen.

Vor meinem inneren Auge erschien eine Szene die viele Jahre zurücklag. Ich sah mich mit anderen Jungen und Mädchen, alle so um die zehn Sommer alt, im Hain von Darnassus. Wir alle saßen im Halbkreis und hatten ein Schreibbrett auf den Knieen liegen. Dhwetan unterrichtete uns im Lesen und Schreiben, es war also einige Zeit bevor er mich als seinen Schüler aufnahm. Eines Tages unterbrach ein, ebenso gerüstet und bewaffneter Elfenkrieger die Unterrichtsstunde des Erzdruiden. Natürlich bekam ich nicht mit was die beiden besprachen, doch ich bemerkte die Ehrfurcht und Ergebenheit welche Dhwetan dem Schwertmeister entgegenbrachte, und dies lag ganz sicher nicht an seinen Waffen oder seiner Rüstung.
Einige Jahre später, als ich bereits als Schüler des Erzdruiden galt, nahm ich allen Mut zusammen und fragte ihm nach diesem Krieger. Nach einigen zögern brach Dhwetan das Schweigen. Er erzählte mir, dass es sich bei diesem Krieger um den Ilaidir seines Meisters gehandelt hätte.
Da ich mit dieser Bezeichnung, die so seltsam in nicht elfischen Ohren klang nichts anfangen konnte, bohrte ich weiter. Mein Wissensdurst war geweckt (wenn ich etwas wissen wollte konnte ich schon damals sehr hartnäckig ja sogar lästig sein). Schließlich gab Dhwetan nach, und zog ein altes vergilbtes Buch aus seinem Regal. Die Zeichen konnte ich nicht entziffern, da es sich um die alte Sprache der Elfen handelte, aber in dem Bild, dass er mir zeigte, erkannte ich einen solchen Elfenkrieger wieder. Ein Ilaidir sei so eine Art Leibwächter eines Erzdruiden. Es handle sich durchweg um außergewöhnliche und überragende Krieger oder Schwertmeister.
Ein Ilaidir sei ein Wächter welcher sich mit Leib und Seele mit seinem Erzdruiden verbunden hätte. In einer Zeremonie opfere er sich sozusagen seiner Pflicht, und dies für jetzt und alle Zeit, in dieser als auch in anderen Welten, den Erzdruiden zu schützen. Er sei Schild und Schwert desjenigen.
Dhwetan erklärte mir auch, dass ein Ilaidir an der Tätowierung auf seinem rechten Handrücken zu erkennen sei. Das Bild zeige stets das Wappen des Erzdruiden in dessen Dienste er stand, sowie seine eigene und ebenfalls die Namensrune des Druiden. Beide Runen seien ineinander verschlungen. Der Erzdruide seinerseits, trüge ebenfalls eine Tätowierung auf seinem Rechten Handrücken, und zwar zwischen Daumen und Zeigefinger. Sie sei jedoch kleiner und zeige nur die beiden verschlungenen Namensrunen welche von einem Kranz aus Eibenzweigen eingerahmt währe.
Die Eibe symbolisiere, das Leben und den Tod gleichermaßen wie auch die Ewigkeit des Seins. Kranz zeige das es keinen Anfang und kein Ende geben würde, und das immerwährend wiederkehrende.
Dhwetan schloss mit der Erklärung, dass ein Ilaidir aus vergangenen Zeiten stammte, und es sie heutzutage (also damals als ich noch ein Junge war) kaum mehr geben würde, kaum aber es gäbe sie noch.
Das leise Raunen der Gäste, welche den in der Tür stehenden Nachtelfen nun auch bemerkten, brachte mich wieder in die Gegenwart zurück.
Mit seinen ungewöhnlichen dunklen (wohl eher onyxfarbenen) Augen musterte der Schwertmeister (oder möglicherweise sogar Ilaidir wie ich vermutete) die Gaststube. Er durforstete jeden Winkel und musterte jeden Anwesenden. Die Gäste verstummten augenblicklich als sein Blick sie streifte. Als sein Blick auf mich ruhte lief mir ein kalter Schauer über den Nacken, es war, als ob er mir direkt in die Seele zu blicken vermochte. Schier unendlich lange starrte er mich so an (es war mir nicht möglich seinem Blick auszuweichen so gerne ich es getan hätte).
Die Hautfarbe des Schwertmeisters glich der Dämmerung (was für einen Nachtelfen nicht ungewöhnlich war). Sein blauschwarzes Haar umrahmte ein kantiges, denn ich edles Gesicht. Das er Kampferprobt war erkannte man leicht an den feinen Narben die sein alterslos scheinendes Antlitz zierte.
Seine Züge waren wie in Stein gemeißelt, dennoch wirkten sie nicht hart oder grausam. Im Gegenteil als er seine Miene zu einem Lächeln bewegte überflutete mich eine seltsame Wärme und Güte. Sein gesamter Ausdruck wurde etwas weicher. Er nickte kaum merklich und schien einige Worte zu flüstern ehe er die Tür weiter öffnete und zur Seite trat.
Ich wunderte mich nicht (nun ja ein kleines bisschen vielleicht), als hinter ihm eine weitere Gestalt die Gaststube betrat und die Tür leise hinter sich schloss.
Dhwetan brach nicht selten mit gegenwärtigen Regeln und Traditionen (das beste Beispiel war wohl ich als er mich als seinen Nichtelfischen Schüler angenommen hatte). Er tat stets das, was er für richtig hielt und dafür bewunderte ich ihn sehr. Doch wie ich wusste, brachte seine Einstellung ihm nicht nur Freunde ein.
Der Erzdruide Dhwetan Duir betrat freundlich lächelnd die Räumlichkeit. Hastig sprang ich von meinem Stuhl auf und verneigte mich meinem Meister gegenüber tief.

Der Erzdruide gab wie immer ein erhabenes und ehrfurchtsgebietendes Bild ab. Er trug seine Schlichte dunkle, aus schwerem Stoff gefertigte Robe. (Im Gegensatz zu anderen seines Ranges, mochte Dhwetan keinen Prunk und ähnliches, und verzichtete auf kunstvoll bestickte Roben und andere Gewänder. Nur auf den mit seinem Wappen bestickten Umhang verzichtete er nicht gerne). Sein Umhang, von derselben dunklen Farbe wie die Robe, war dezent mit seinem Wappen bestickt. Auch der um seinen Leib geschlungenen Gürtel, oder Schärpe, zeigte keinerlei Verzierungen. Bedingt durch die ganze Schlichtheit seiner Gewänder, stach die goldverziehrte Sichel welche an, seinem Gürtel hing, umso mehr ins Auge. Sie war da s unumstrittene Zeichen eines Erzdruiden aber zugleich auch eines seiner wichtigsten Werkzeuge, und falls notwendig auch als Waffe zu gebrauchen. Neben der Sichel waren auch einige Beutel und Gürteltaschen zu erkennen.

Zielstrebig ging er auf meinen Tisch zu und setzte sich auf einen der freien Stühle. Der Schwertmeister folgte ihm im gebührenden Abstand, und mit lauernden Blicken, jederzeit bereit seine Schwerter zu ziehen um den Erzdruiden zu schützen, bleib jedoch neben Dhwetans Stuhl und somit mir gegenüber, reglos stehen.
Langsam entledigte er sich seiner Handschuhe. Mein Blick viel auf seine Hände. Ich erkannte auf seinem Handdrücken Dhwetans Wappen und zwei verschlungene eintätowierte Namensrunen. Die eine erkannte ich sogleich, es war jene meines Meisters, die andere war mir fremd, es musste sich also um seine eigene handeln.
Noch während er mir die Hand zum Gruße entgegenstreckte, schielte ich auf die Hände des sitzenden Erzdruiden und bemerkte auf der rechten die mit einem Kranz umrahmten Namensrunen. Meine Ahnung hatte sich also bestätigt, vor mir stand lächelnd der Ilaidir meines Meisters.
„Ich werde Galdraen genannt, und du musst Llew Llaw Arian sein…Es freut mich dich kennenzulernen Druide.“ Sprach der Schwertmeister mit sanfter Stimme die ich einem solchen Krieger niemals zugetraut hätte. Seine onyxfarbenen Augen funkelten geheimnisvoll. Noch immer starrte ich wie benommen auf die mir freundlich entgegengestreckte Hand der Nachtelfen.
„Llew willst du den Gruß meines Ilaidir nicht erwidern? Außerdem ist es unhöflich ihm so auf seine Hand zu starren… wo hast du bloß wieder deine Manieren gelassen Junge…“
Dhwetans strenge Stimme lies mich zusammenzucken (ich fühlte mich wieder wie ein kleiner gerügter Junge). Leise murmelte ich eine Entschuldigung und spürte sogleich einen eisernen grimm um meinen Arm. Der Schwertmeister hatte die Initiative ergriffen und umfasste meinen Unterarm schmunzelnd zum Brudergruss
“Es freut mich dich kennenzulernen Llew… ich darf dich doch so nennen oder?“ Ich nickte schweigend und versuchte den eisernen Griff des Ilaidir etwas zu lockern.
Galdraen bemerkte meine Bemühungen und gab freiwillig etwas nach. „Wir sind das was wir sind Llew. Die einen Freiwillig die andern schicksalsbedingt.
Für die einen mag es Fluch sein für die andere Gabe. Nicht immer ist es so wie es zu scheinen mag. Und dennoch hat jeder von uns den freien Willen zu entschieden. Ich habe meinen Weg gewählt Llew. Du jedoch stehst noch im Zwiespalt mit dir selbst…Der Weg hast du bereits gefunden, nun finde auch den Mut ihn zu gehen mein Freund…“ raunte der Ilaidir und lies meine Hand los. Ich wunderte mich über die seltsamen Worte des Schwertmeisters und meinen Augenwinkeln erkannte ich Dhwetans zustimmendes Nicken. Seine scharfen Ohren hatten jedes Wort mitbekommen. Obwohl ich die Worte des Elfen nicht alle deuten konnte, wusste ich sehr wohl, dass sie sich nicht nur auf meine Wolfsnatur bezögen. Mir lief es abermals kalt den Rücken hinunter, dieser Galdraen war wirklich etwas Besonderes…Ich spürte eine seltsame Verbundenheit zu ihm, ähnlich wie ich sie damals zu Dhwetan spürte als ich den Erzdruiden zum Erstenmal traf.
„Die Bäume wachsen auch weiter, wenn ihr beide euch setzt…außerdem habe ich keine Lust mir den Nacken zu verrenken…“ bemerkte Dhwetan scherzend und deutete auf die freien Stühle. Seufzend ließ ich mich auf meinen Stuhl sinken, und inspizierte nachdenklich die Risse und Fugen in der hölzernen Tischplatte. Galdraen schnallte sich die Schwerter vom Rücken, lehnte sie griffbereit an den Tisch und setzte sich elegant.
Luisa, die Wirtin, näherte sich scheu unserem Tisch. Als Dhwetan sie mit seinen eisblauen Augen musterte und freundlich zunickte, deutete sie eine Verbeugung an und kehrte kurz darauf mit zwei weiteren Gedecken zurück. „Es dauert noch einen kleinen Augenblick ehe das Mal bereitet ist“, bemerkte sie leise, doch ehe sie eine Entschuldigung flüstern konnte lächelte Dhwetan erneut und bedankte sich bei ihr für ihre Aufmerksamkeit. Der Erzdruide füllte unsere Becher mit verdünntem Wein ehe er sich selbst einschenkte, auch reichte er seinem Ilaidir Brot Honig und Früchte, (ich hatte ja noch einiges auf meinem Teller liegen) ehe er sich selbst bediente.

„Llew, es freut mich dir hier in Sturmwind zu treffen mein Schüler, wir haben uns länger nicht mehr gesehen… Dennoch es ist doch nicht der Markt alleine der dich in die Stadt führt, zumal mir deine Abneigung gegen Mauern nicht unbekannt ist…“
Dhwetan strich sich scheinbar abwesend ein Honigbrot, doch ich spürte seine eisblauen Augen und fragenden Blick auf mir liegen. „Ja Dhwetan, da habt ihr recht… ich ähm ich möchte euch…“
„Du benötigst meine Hilfe nicht war Junge…“ unterbrach er mich.
„Nun denn erzähl mir, entschuldige Galdraen, ich meine uns, davon“ bat er. Ich war nicht überrascht, dass sich der Erzdruide bei seinem Wächter entschuldigte. Mir wurde nun eindeutig klar, dass die beiden Elfen mehr als nur Meister-Dienerschaft verband und ich erinnerte mich auch an die Ehrfurcht die er damals vom Ilaidir seines Meisters zu Tage legte…
Dhwetans warme Stimme tat mir gut, sie war Balsam für meine Seele mit ihm zu sprechen und so begann ich von den Vorkommnissen, von Arthagan und auch von meiner Sorge um den Jungen zu berichten.
„Verdammtes Kursha…“ murmelte Galdraen aufgebracht doch ein kaum merkbares Handzeichen des Erzdruiden brachte ihn zum Schweigen so dass ich weiter berichten konnte.
Als Luisa das Essen an unseren Tisch brachte, verstummte ich kurz, und fuhr fort als sie sich wieder den anderen Gästen zuwandte.
Ich erwähnte auch, dass ich mich später noch mit Arbraxas treffen wollte. Dhwetan hörte aufmerksam zu, stellte die eine oder andere Frage und nickte schweigend.
„Können wir diesem Arbraxas trauen?“ erkundigte Galdraen sich misstrauisch. „Arbraxas mag etwas seltsam und zerstreut auftreten, doch das gehört zu seinem Spiel. Er gehört zu den wenigen, denen ich mein Leben anvertrauen würde…Also ja man kann ihm vertrauen mein Ilaidir“ entgegnete Dhwetan ruhig. Der Schwertmeister nickte, Dhwetans Überzeugung genügte ihm.
„Was dein Anliegen betrifft, Llew. So will ich versuchen dem Jungen zu helfen. Galdraen und ich werden morgen früh das Schiff nach Darnassus nehmen, ich benötige meine Ausrüstung und einige andere Dinge wie auch spezielle Kräuter aus dem Hain. Anschließend werden wir umgehend zu deiner Hütte reisen.“
Ich war Dhwetan sehr dankbar und konnte meine Gefühle nicht verbergen. Lächelnd strich er mir, wie dem kleinen Jungen von einst, über feuchten Wangen. „Der Junge wird wieder gesund, ich denke nicht, dass wir ihm sein Bein abnehmen müssen, aber ein Hinken wird er zweifellos behalten. Es wird schmerzhaft und nicht leicht für deinen Gast werden, aber wie du uns erzähltest ist Arthagan sehr stark. „Ja das ist er…“ murmelte ich dankbar.
Satt lehnten wir uns zurück. Galdraen winkte der Wirtin worauf sie unverzüglich den Tisch abräumte. Die Gold-und Silberstücke die ich ihr für das Essen zuschob lehnte sie zunächst ab, erst als ich sie sanft drängte willigte sie ein die Bezahlung anzunehmen.
„Galdraen, ich möchte mich mit meinem Schüler noch etwas unterhalten…“
Der Schwertmeister nickte, schnallte sich seine Schwerter wieder auf den Rücken, nahm seinen Becher und setzte sich an den Tresen. Eine Weile herrschte Stille zwischen mir und dem Erzdruiden, schließlich räusperte ich mich „Dhwetan wie kam es, dass ihr Galdraen…“platze ich heraus und wurde sogleich vom Erzdruiden unterbrochen. „Es schien mir richtig zu sein, genauso wie es mir damals richtig erschien dich als meinen Schüler aufzunehmen…Das muss dir als Antwort genügen Llew…“
Ich deutete eine Verbeugung an und nickte schweigend.
„Wir sehen uns also in ungefähr einem Viertelmond bei dir im Dämmerwald. Bis dahin solltest du dem Jungen noch ein bis zweimal die Blutegel auflegen. Das erleichtert mir die Behandlung und anschließende Reinigungszeremonie um den Rest der Kursha aus seinem Körper zu bekommen. Außerdem gibst du ihm morgens und abends je eine davon. Ich möchte mich nun zurückziehen, Galdraen und ich werden früh abreisen. Das Schiff nach Darnassus legt bei Sonnenaufgang ab. Grüße bitte Arbraxas von mir…“ bemerkte der Erzdruide, erhob sich und winkte seinem Ilaidir.
Gemeinsam, sich leise unterhaltend gingen die beiden Nachtelfen ins obere Stockwerk und verschwanden in Dhwetans Zimmer.
Ich war erleichtert, dass ich nun Hilfe für Arthagan gefunden hatte, nahm die Gürteltasche die Dhwetan auf dem Tisch zurückgelassen hatte an mich und griff neugierig hinein. Zwischen meinen Fingern befand sich ein Wurzelstück, es war jedoch nicht die mir bekannte Erdwurzel obwohl sie ähnlich roch.
Wissbegierig schlug ich in dem alten Kräuterlexikon nach. Nach einigem Suchen fand ich auch eine Abbildung von den Wurzelstücken und las den Text neben dem Bild. Nun ja zumindest versuchte ich es, denn offensichtlich war das Buch in einer sehr alten Sprache verfasst. Dennoch konnte ich zumindest ein Teil des geschriebenen verstehen. Wie angenommen war die Wirkung dieser Wurzel, dessen Namen ich nicht entziffern konnte, jener der Erdwurzel nicht unähnlich, nur um einiges effektiver. Ich fand heraus, dass sie nur in abgelegenen Gebieten des Hyial wuchs und sehr selten war. Ich steckte den Beutel ein und lehnte mich zurück, nippte gelegentlich am verdünnten Wein und wartete auf Arbraxas.
Der etwas zerstreut wirkende Magier, lies nicht sehr lange auf sich warten. Ich wunderte mich etwas als er in die Gaststube trat, gekleidet wie ein einfacher Bürger Sturmwinds, anscheinend wollte er keine Aufmerksamkeit erregen und verzichtete daher auf seine stets zerknautschte Robe und den hässlichen Spitzhut. Nur auf seinen Magierstab wollte er anscheinend nicht verzichten, also tarnte er ihn durch einen Blendzauber. (Mir gegenüber stand also ein einfacher älterer Bürger Sturmwinds, der sich auf seinen Spazierstock stützte und freundlich lächelte.)
Wir begrüßten uns wie zwei alte Freunde und ebenso bot ich ihm einen freien Stuhl an. Wir unterhielten uns über dies und jenes, scherzten, lachten und neckten uns. Als ich ihm nach einiger Zeit eine kurze Zusammenfassung von den Ereignissen gab, erbleichte er und schüttelte ungläubig den Kopf. Als ich dann auf das Kursha zu sprechen kam, ballte er zornig die Fäuste und seine Gesichtsfarbe stieg langsam ins rötliche. Nur mit Mühe beherrschte er sich.
„Also ist dieses verdammte Gift wieder einmal aufgetaucht…“ murmelte er plötzlich sehr gelassen und ruhig. Ich war überzeugt, dass er mehr wusste, dennoch war er nicht bereit mir sein Wissen zu offenbaren, ob es nun an der Situation oder an der Umgebung lag konnte ich nicht entschlüsseln. Als ich vorsichtig nachhakte wurde er im ersten Moment ziemlich abweisend, doch wer mich kennt, weiß das sich nicht so leicht aufgebe…Nach schier endlosen Minuten der Stille gab sich Arbraxas einen Ruck und beugte sich etwas vornüber. Sehr leise begann er zu sprechen, ich spitze meine Ohren und lauschte;
„Vor einigen Monden kam mir ein ähnlicher Fall zu Ohren. Einer von uns Magier wurde angegriffen und mit einem Kursha beschmierten Dolch verletzt. Es war ein Überfall aus dem Hinterhalt nicht weit von der Stadt entfernt. Doch dank der Robustheit des Magiers und der Unfähigkeit des Gauners das Kursha richtig einzusetzen, trug der Überfallene keinen großen Schaden davon. Doch leider war der Gauner nicht mehr in der Lage antworten auf so viele Fragen zu geben. Mein Magierkolege Quasimondo hat bei der Bestrafung des Schuldigen etwas übertrieben…
Aber nun ja Gnome sind halt etwas nachtragender als unsereins…Was der Gauner stehlen wollte als er ihn überfiel ist ebenfalls ein Rätsel. Quasimondo trug nichts von Wert bei sich außer einige ältere Bücher, er kam nämlich vom Bibliotheksarchiv aus der Burg und war auf dem Heimweg. Der kleine Gnom ist derzeit außer Landes, er ist irgendwo in Kalimdor unterwegs. Wir erwarten ihn erst in einigen Monden zurück. Es tut mir leid, dass ich dir nicht weiterhelfen kann Llew, aber ich halte meine Ohren und Augen offen und meine sonstigen Informationsquellen bei Laune. Sollte ich etwas erfahren, lasse ich es dich wissen.“ Versicherte mir der Magier und schenkte sich Wein (natürlich unverdünnt) nach.
Wir saßen noch einige Zeit beisammen, kurz vor Mitternacht, wenige Augenblicke ehe Luisa und Edgar ihre Gaststätte schlossen, verabschiedete sich Arbraxas, etwas angeheitert vom Genuss des Weines (und daher leicht schwankend), von mir.
Ich schlurfte müde und nachdenklich die Treppen zu meinem Zimmer hoch, und viel bald danach erschöpft in das weiche Bett. Meine Gedanken kreisten um den Jungen, (ich hoffte, dass es ihm gut ging), das verdammte Kursha, die Überfälle, die wilden Worgen, und grübelte wie alles zusammenhängen könnte. Meine Gedanken bescherten mir die wildesten Träume und einen unruhigen Schlaf.
Es war ein herrlicher Frühlingsmorgen, ich wurde von den Sonnenstrahlen und das zwitschern von Vögeln geweckt. Etwas zerknautscht blickte ich mich im Zimmer um. Es dauerte einige Zeit bis ich begriff, dass sich in einem Zimmer im ‘Blauen Eremiten‘ lag. Obwohl ich nur verdünnten Wein getrunken hatte (nun ja so sicher war ich mir nicht mehr, möglicherweise hatte mich Arbraxas doch überredet…) dröhnte mir der Kopf. Ich schlurfte zum Waschtisch. Da bemerkte ich, dass sich mich in meiner Worgenform befand, leise fluchend und laut nießend wechselte ich in die menschliche Erscheinung, ich hoffte sehr, dass der ungewollte Gestaltwandel erst in meinem Zimmer geschah. (Nun ja es musste wohl so gewesen sein, ansonsten wäre ich wahrscheinlich im Kerker erwacht). Nachdem ich mich erfrischt, und einige Kräuter gegen meine Kopfschmerzen zu mir genommen hatte, schlurfte ich in frischer Kleidung die Treppe zur Gaststube hinab.
Kaum saß ich am Tisch, brachte mir Luisa, gutgelaunt wie immer und fröhlich vor sich her plaudernd, das reichhaltige Frühstück. Der starke Tee brachte meine Lebensgeister wieder in Schwung.
Satt und nun endlich richtig wach (meine Kopfschmerzen ließen bereits nach), schulterte ich meine Kräutersäcke und machte mich zum Marktplatz auf. Unterwegs lieferte ich das bereits am Vortag verkaufte ab und nahm die Bezahlung entgegen. Ich war sehr zufrieden mit dem Erlös. Auch aus dem Marktplatz fand ich einen günstig gelegenen freien Stand und breitete meine Waren aus. Die Geschäfte liefen gut, mein Goldbeutel füllte sich, meine Auslage leerte sich langsam, bereits am frühen Nachmittag war ich Ausverkauft. Das freute mich sehr denn so konnte ich bereits am nächsten Tag dieser schrecklichen Stadt den Rücken zukehren, aber davor musste ich noch einige Besorgungen erledigen, Vorräte kaufen und ich wollte auch noch mit Arthagans Paladin, Sar Altaru, sprechen.
Ich raffte meine bunten Tücher, auf denen die Waren gelegen hatten, zusammen und schnürte sie zu einem kleinen Bündel. Nachdem ich mir einen kleinen Imbiss genehmigte, versuchte ich herauszufinden wo sich der Paladin aufhalten könnte. Es war leichter als gedacht, denn Sar Altaru war Stadtbekannt. Ich fand ihn gemäß meinen Informationen, nahe den Stallungen auf einer Wiese wo er seinen verletzten Elekkbullen versorgte.
Das mächtige Tier hatte eine üble Wunde an der Flanke, wahrscheinlich von einem anderen Bullen abbekommen.
Altaru, der alte weise Draenei und hochgelobte Paladin des Königs, war dabei die Wunde seines Tieres eigenhändig zu säubern und zu nähen. Ich war etwas verwundert, denn üblicherweise erledigten Knappen oder Diener solche ‚schmutzigen‘ arbeiten.
„Sei gegrüßt Druide, es freut mich dich wohlauf zu sehen, das letzte Mal als wir uns trafen warst du noch ein Jüngling. Du bist doch Llew Llaw Arian, oder irre ich mich?“ schmunzelte der Draenei.
Ich war baff, dass er mich nach so vielen Jahren noch erkannte und bestätigte seine Vermutung. „Entschuldige, dass ich dir nicht die Hand reiche, aber ich muss, dass hier noch zu Ende bringen. Mein treuer Erak wurde von einem Jungbullen herausgefordert, er hat das Jungtier relativ sanft zurechtgewiesen, aber der Jüngling nun ja…so wie die Jungen halt sind“ grinste Altaru und machte die letzten Stiche und wandte sich mir zu.

„Wie ich sehe hat mein Freund Dhwetan Duir dich etwas zurechtgestutzt. Dich kann man nun wirklich als Druide durchgehen lassen…“ lachte der Paladin und umarmte mich wie ein Vater seinen Sohn. Ich räusperte mich etwas verlegen, denn so viel Herzlichkeit hätte ich nicht im Traum erwartet. Doch ich spürte auch dass ihn etwas tief bedrückte, ich nahm an, dass es sich dabei um Arthagans Schicksal handelte, sicherlich hielt er seinen Knappen für tot, verschollen oder gar beides. Ich räuspere mich abermals; „Sar Altaru, als erstes möchte ich euch mitteilen, dass euer Knappe Arthagan noch lebt…“ Der Paladin blickte mich ungläubig an. Als ich freundlich nickte und ihm meine Worte so versicherte, füllten sich seine Augen mit Tränen. „Das habe ich wirklich nicht erwartet, nach Galdraens Bericht, und nachdem der ursprüngliche Trupp und die Verstärkung nicht zurückkehre haben wir Kämpfer ausgeschickt, ich war selbst dabei und wir fanden nichts anderes als Grabhügel…“ „Ihr könnt mir glauben Sar Altaru, der Junge ist bei mir, er wurde zwar schwer verletzt aber hat überlebt. Ich fand ihn und brachte ihn zu meiner etwas versteckten Hütte…“
Ich fasste das Geschehe kurz zusammen. Der Draenei war erleichtert aber auch besorgt, außerdem bestand er darauf mich zu begleiten um den Jungen zu sehen. Ich schlug ihm diese Bitte nicht ab.
Im Gegenzug schlug er vor, dass er meine Vorräte mit einem Wagen zur Hütte bringen könnte, so dass ich mich nicht um den Transport kümmern müsse und schneller wieder bei Arthagan sei. Ich nahm seinen Vorschlag gerne und dankend an. Wir kamen überein, dass sich bis zum Abend die Vorräte zu den Stallungen liefern lassen sollte, um den Rest kümmerte sich Sar Altaru sich persönlich. Wir verabredeten uns also für kurz nach Sonnenaufgang des nächsten Tages um gemeinsam aufzubrechen.
Wie besprochen besorgte ich die Vorräte und lies sie zu den Stallungen bringen.
Säcke und mit verschiedenen Getreide, Kartoffeln, Karotten und anderes gut lagerbares Gemüse waren ebenso dabei wie Säckchen mit Salz, Gewürzen und anderen Kleinigkeiten. Auch besorgte ich mir einige Werkzeuge und andere Hilfsmittel um den Ausbau meiner Hütte zu erleichtern. Ich kaufte auch zwei Ziegen, einen Hahn und einige Hühner. Zum einen da mich Dhwetan darum gebeten hatte (frische Milch und Eier währen für Arthagans Genesung förderlich), als auch deshalb, weil ich selbst diese Lebensmittel zu schätzen wusste. Ich war überzeugt, dass die Lebenserwartung dieser Tiere um einiges höher sein würde als jenes meiner letzten. Denn damals war Swar noch ein junger halbwilder Wolf und er… (nun ja sagen wir einfach er hat sich nicht mit frischer Milch und Eier zufriedengegeben).
Aber mittlerweile hat selbst Croy, der durch sein Geschrei manchmal wirklich zu weit geht, nicht mehr als einige seiner Federn eingebüßt. Anders ausgedrückt, Swar ist mittlerweile zu einem recht pflegeleichten und friedlichen Hauswolf herangewachsen.
Ich zog mich früh am Abend (nach schmackhaften Essen und mit vollen Magen) in mein Zimmer zurück. Auf dem Schreibtisch lagen einige metallene Phiolen, und ein sorgfältig beschriebener Zettel daneben. Ich erkannte Dhwetans fein säuberliche Handschrift und schmunzelte um seine Besorgnis da er mir nochmal seine Behandlungsempfehlung für den jungen Arthagan aufgeschrieben hatte. Er versicherte auch das sie so schnell wie möglich bei meiner Hütte im Dämmerwald eintreffen würden. Die Phiolen, seien für den Notfall, also wenn es Arthagan plötzlich schlechter gehen würde, vorgesehen. Obwohl die kleinen Röhrchen versiegelt waren, kannte ich den Inhalt. Dhwetan nannte es scherzhaft ‘Feenblut‘. Es war eines der geheimen Elfenrezepturen, ich wusste nur, dass es sich um verschiedene in flüssigen Erlenharz gebundene Kräuteressenzen waren. Der Erzdruide behauptete auch dass ein weiterer Inhaltsstoff tatsächlich einige Tropfen Nachtelfenblut sei, ob dies nun stimmte nun ja…. Zumindest sah war der zähflüssige Sirup von rötlicher Farbe, aber das lag zweifelsohne am Erlenharz.
Die Tinktur schmeckt einfach scheußlich, wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann. Besonders da man sie leicht erwärmen musste um die bestmöglichste Wirkung zu erzielen, des Weiteren schmeckt das Zeug leicht süßlich aber auch irgendwie metallisch (also eine bescheidene Ähnlichkeit, in Geruch, Geschmack Farbe und Konsistenz mit handwarmen Blut hatte der Sirup schon…) Kurz gesagt furchtbares Zeug aber was die Versorgung von akuten Beschwerden betraf…, das beste Mittel was ich kannte.
Ich steckte die Phiolen in eine meiner Gürteltaschen und hoffte sehr, dass der Junge sie nicht benötigen würde.
Ich fühlte mich müde, die Stadt hatte mich ausgelaugt. Diese hohen Mauern ich fühlte mich

eingesperrt und sehnte mich nach meiner Hütte und den Waldduft, also legte ich mich schon bald ins Bett und schlief auch einigermaßen gut.
Die erholsame Nacht, schien mir enorm kurz, den schon bald pochte es fordernd an meine Zimmertüre. Ich hatte Edgar noch am Abend davor gebeten mich früh zu wecken, da ich bei Sonnenaufgang an den Stallungen sein wollte. Nun ja anscheinend wurde mein Wunsch gerade eben erfüllt.
Ich blinzelte zum Fenster, Es war zwar noch dunkel aber die Morgendämmerung gewann langsam den Kampf gegen die ‚Geister der Nacht‘. Da ich wusste, dass das Klopfen lediglich mein Weckruf war und niemand vor der Tür stand und wartete, schälte ich mich sehr langsam genüsslich streckend und gähnend aus den Laken. Ich schlurfte zum Waschtisch, erfrischte mich und zog meine Alltagskleidung über.
Ich war verwundert, dass es erneut klopfte, etwas zaghafter. Als ich die Tür öffnete stand die strahlende Luisa davor und reichte mir ein Tablett mit geschmierten Broten, eine Kanne Tee und einige Früchte. Ich bedankte mich freundlich, denn obwohl ich nicht mit einem Frühstück um diese Zeit gerechnet hatte spürte ich wie mir das Wasser im Munde zusammenlief. Mit freundlichen Worten und Segenswünsche verabschiedete sich die Wirtin von mir.
Ich packte einige der Brote ein (ich würde sie Sar Altaru als Wegproviant überlassen) und genoss mein Frühstück.
Anschließend schlich ich leise die Treppe hinunter, die anderen Gäste schliefen anscheinend noch tief und fest, es war kein Laut aus den anderen Zimmern zu hören, und ich wollte ihre Ruhe nicht stören. Für meine Unterkunft und Verpflegung hatte ich bereits am Abend davor bezahlt. Ich war froh Sturmwind endlich verlassen zu können und so schlenderte ich leise vor mich her pfeifend zu den Stallungen, wo ich pünktlich zum Sonnenaufgang eintraf.

Im Gegensatz zu der verschlafenen Stadt herrschte hier bereits reges Treiben. Knappen fütterten und tränkten Pferde und Elekks, schoben Karren, beladen mit Mist aus den Ställen, oder striegelten bereits die Reittiere ihrer Paladine.
Vom großen Hof her hörte ich Altarus angenehme Stimme.
Der Draenei war befehlsgewohnt und gab seine Anweisungen in ruhigen aber bestimmten Ton einigen Knappen weiter. Die Jungen beluden einen großen Wagen mit meinen Vorräten. Sar Altaru bemühte sich einen jungen Elekkbullen, dem das offensichtlich nicht besonders gefiel, vor den Wagen zu spannen. Durch die ruhige, gelassene aber dennoch bestimmte Art des Paladins gab das Tier schließlich nach.
„Rakek ist manchmal etwas stur und hat seine eigene Auffassung was Arbeit betrifft… Aber im Grunde ist er ein ganz netter Kerl“ schmunzelte Altaru als er mich begrüßte. Ich reichte ihm das Päckchen mit den geschmierten Broten, er nahm sie dankend entgegen doch zu meinem Erstaunen reichte er sie einem Knappen weiter.
„Für euch Jungs aber erst wenn ihr mit dem beladen fertig seid. Ich bin alt und satt aber ihr könnt noch etwas Fleisch auf den Rippen vertragen…“ lachte er. Der Knappe bedankte sich mit leuchtenden Augen und plötzlich ging das restliche Beladen des Wagens um vielfaches schneller vor sich.
„Die Jungen brauchen manchmal etwas Motivation, aber ich halte nichts davon sie mit Peitschen und Worten anzutreiben und mürbe zu machen… Meine Erfahrung hat mich des besseren belehrt…“ klärte mich der alte Draenei leise auf und hievte den Hühnerkäfig auf die Ladefläche. Es dauerte nicht lange und alles war sorgsam auf dem Wagen verstaut, verschnürt und gesichert. Das aufgebrachte meckern der Ziegen und gackern der Hühner zeugte von ihrem Unmut Sturmwind verlassen zu müssen.
Ich wunderte mich etwas als einer der Knappen einen herrlichen Pechschwarzen Hengst an den Wagen Band. Obwohl das Pferd etwas älter und schlachtenerprobt (davon zeugten einige gut verheilte Narben) war, war er eine Imposante Erscheinung…
„Das ist Valashu, bis zuletzt war er Sar Leondars treues Schlachtenross. Arthagan hat sich immer sehr gerne um das Tier seines Vaters gekümmert. Ich dachte es würde dem Jungen gut tun einen alten Freund bei sich zu haben. Aber wenn du anderer Meinung bist Llew, lasse ich das Pferd hier.“
„Wir werden schon ein Plätzchen für den alten Knaben finden, die weiden auf der Lichtung, wo meine Hütte steht, sind groß und saftig, und einen kleinen Stall zu bauen ist auch kein Problem, er wird ihn aber mit den Ziegen teilen müssen…“
„Ich glaube da wird Valashu nichts einzuwenden haben…“ entgegnete der Paladin lachend.
Ich war derselben Meinung wie Sar Altaru, das Pferd würde dem Jungen guttun und ihm wichtige Aufgaben geben.
„Kann es losgehen…?“ hörte ich eine Stimme hinter mir.
Altaru saß bereits auf dem Kutschbock und verabschiedete sich, begleitet von einigen Anweisungen und Ermahnungen von seinen Knappen. (Es machte eher den Anschein als ob sich ein liebender Vater von seinen Söhnen verabschiedete als ein Paladin von seinen Knappen und Dienern).
Der Draenei würde von Sturmwind auf dem regulären Weg zur Dämmerwaldgrenze fahren, dort würde er ein Lager aufschlagen und abwarten. Ich hingegen würde vorausfliegen, und von meiner Hütte aus Croy zu ihm schicken. Der Rabe würde ihm Wegweiser zu meiner Hütte sein. So zumindest war der Plan…
„Kann losgehen…“ antwortete ich und wechselte bereits (laut nießend, was Altaru zum Grinsen und Kopfschütteln, die Knappen zum leisen Tuscheln brachte) in meine Rabengestalt.
Ich breitete meine Schwingen aus und stieg hoch in den Himmel hinauf, die Freiheit war einfach herrlich. Unter mir hörte ich wie der Paladin ein zweimal schnalzte worauf sich der Elekkbulle in Bewegung setzte. Ich flog noch eine Abschiedsrunde über den Wagen, und nahm dann Geschwindigkeit auf, flog über die Stadtmauer in Richtung Dämmerwald.

 

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